Konflikt in der Ukraine 10.000 Dollar Kopfgeld für einen Agenten

MOSKAU · In der Ostukraine steigt der Gewaltpegel. Am Mittwoch erklärte der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow, die Sicherheitsorgane würden ihre antiterroristischen Operationen im Osten des Landes wieder aufnehmen.

Zuvor waren in einem Flüsschen bei der Separatistenhochburg Slawjansk die Leichen zweier Männer entdeckt worden. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden beide Opfer zu Tode gefoltert. Einer der Toten soll Wladimir Rybak sein, ein Abgeordneter der "Vaterlands"-Partei im Stadtrat der Industriestadt Gorlowka. Er war am 17. April nach einer proukrainischen Demonstration in Gorlowka von Maskierten gekidnappt worden.

Die ukrainische Polizei vermutet, dass die schwer bewaffneten Separatisten, die Slawjansk besetzt halten, Rybak ermordet haben. Ein Sprecher des ukrainischen Sicherheitsdienst SBU erklärte, Offiziere des russischen Militärgeheimdienstes GRU, die in Slawjansk agierten, hätten Rybaks "Neutralisierung" befohlen.

"Volksbürgermeister" Wjatscheslaw Ponomarjow sprach auf einer Pressekonferenz von einer "möglichen Provokation". Ponomarjow hatte erst am Montag Russland gebeten, Truppen zu entsenden, angeblich waren zuvor drei Slawjansker Bürger von ukrainischen Nationalisten erschossen worden.

Die prorussischen Rebellen machen keine Anstalten, sich gemäß der "Genfer Vereinbarung" vom vergangenen Donnerstag zu entwaffnen und die von ihnen besetzten Amtsgebäude zu räumen. Auf diese Maßnahmen hatten sich in Genf die Außenminister der EU, Russlands, der Ukraine und der USA geeinigt.

In der Stadt Konstantinowka flogen gestern Nacht laut der Internetzeitung gazeta.ua Molotowcocktails in die Redaktion der proukrainischen Zeitung "Prowinzija", ein Raum brannte aus. Wie das Nachrichtenportal Novosti Donbassa berichtet, kidnappten die Separatisten in Slawjansk gestern den Stadtabgeordneten Wadim Suchonow, zuvor nahmen sie den US-Reporter Simon Ostrowski und die Maidanaktivistin Irma Krat fest.

Außerdem verschwanden der ukrainische Journalist Sergei Lefter und der Pressefotograf Jewgeni Galitsch. "Es kursieren sehr viele unbestätigte Meldungen über Gewalttaten", sagt der Donezker Politologe Sergei Tschepik. "Um das Abkommen von Genf zu realisieren, wäre es wichtig, dass die OSZE-Beobachter, die in der Region Donezk arbeiten, bald einen Bericht vorlegen.

Währenddessen machen auch die patriotischen Ukrainer mobil. In der Nachbarregion Charkow organisierte der "Rechte Sektor" zwei "Territorialschutz"-Bataillone aus Kiew-treuen Polizeioffizieren und Straßenkämpfern. Und bei Dnjepropetrowsk errichten Freiwillige der ukrainischen "Nationalverteidigung" Straßensperren.

Gouverneur Igor Kolomoiski hat 10 000 Dollar Kopfgeld für jeden gefangenen russischen oder prorussischen Agenten ausgeschrieben. Russlands Außenminister Sergei Lawrow aber drohte gestern mit einer Militärintervention: "Wenn die Interessen russischer Staatsbürger direkt verletzt werden, sehe ich keinen anderen Ausweg, als gemäß der internationalen Rechtsnormen zu antworten."

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