The Amazing machen ihrem Namen alle Ehre

Berlin · Instrumentales Virtuosentum gepaart mit starkem Songwriting und fabelhaften Pop-Melodien - eine Mixtur, nach der man oft lange suchen muss. Bei The Amazing wird man fündig.

 The Amazing sind "amazing". Foto: Partisan Records

The Amazing sind "amazing". Foto: Partisan Records

Foto: DPA

Diese schwedische Band trägt ihren selbstbewussten Namen - in etwa "die Erstaunlichen" oder "die Verblüffenden" - völlig zu Recht. Das Quintett habe "die Fähigkeit, bei Jazz und Progressive Rock anzudocken, ohne dass es nach Jazz oder Prog-Rock klingt", schreibt das angesehene Indie-Internetmagazin "Pitchfork" über die neue Studioplatte "Picture You" (Partisan Records).

Man könnte noch einige andere Stilrichtungen nennen, in denen The Amazing sich nun schon zum dritten Mal seit dem selbstbetitelten Debüt von 2009 tummeln: Psychedelia und Westcoast-Rock, Shoegaze, Dreampop, Brit-Folk im Stil der frühen 70er (Nick Drake ist einer der Helden von Singer/Songwriter Christoffer Gunrup, am deutlichsten hörbar diesmal in den magisch dahinfließenden Balladen "Circles" und "To Keep It Going").

Auch der große Gitarrenbeserker Neil Young ist als Vorbild zu identifizieren (etwa im feedback-getränkten, mit kreischenden Rückkopplungen ausklingenden "Safe Island"). Und wer im vorigen Jahr das monumentale Album "Lost in The Dream" von The War On Drugs mochte (das waren bekanntlich sehr viele) oder auch Jonathan Wilsons "Fanfare" (2013), der wird auf "Picture You" ebenfalls eine Menge Schönes entdecken.

Viel Retro-Charme also, ohne dass diese zehn meist ausufernd langen Songs je altbacken oder epigonal klingen würden. Davor bewahrt The Amazing schon das federnde Schlagzeugspiel von Moussa Fadera, der an große Jazz-Drummer ebenso erinnert wie an Rock-Kraftpakete wie Keith Moon (The Who) oder John Bonham (Led Zeppelin). Und natürlich ist Gunrups edler Gesang hervorzuheben, der sich auch mal in ein träumerisches Falsett aufschwingt, ohne dass es so kalkuliert schmerzverzerrt wird wie derzeit bei vielen Pop-Croonern in der Nachfolge von Coldplays Chris Martin.

"Picture You" ist - wie schon das Debüt und der noch bessere Zweitling "Gentle Stream" (2011) - ein Album für Rockmusik-Kenner, ohne jemals ins Nervig-Nerdige oder gar Geschmäcklerische abzurutschen. Das ist es wohl, was "Pitchfork" meint: Hier sind fünf hochtalentierte Musiker am Werk, die die Musikhistorie der vergangenen 60 Jahre rauf und runter kennen und für ihre Zwecke durchstöbern, ohne dass es angeberisch rüberkommt.

Man muss sich nur in "Fryshusfunk" vertiefen (und das lohnt sich wirklich, am besten unterm Kopfhörer!): Der Song startet als Midtempo-Schleicher mit ultra-smarter Funk-Gitarre, um nach zweieinhalb Minuten in ein Wunderwerk aus verhallten Vocals, wirbelnden Drums, diversen Gitarrenspuren und psychedelischer Orgel auszubrechen. Nach weiteren zweieinhalb Minuten krachen typische Pink-Floyd-Gitarrenriffs in die Idylle hinein und halten die Spannung bis zum Schluss. Ein Siebeneinhalb-Minuten-Song in drei genau gleich langen Teilen - ein Meisterwerk.

Auch nach diesem Album-Highlight fällt "Picture You" keineswegs ab, wenngleich es mit dem gerade mal vierminütigen Softpop-Lied "Tell Them You Can't Leave" etwas konventioneller wird und The Amazing mit der Akustikballade "The Headless Boy" ziemlich unverkennbar ihre Bewunderung für den US-Folkrocker Mark Kozelek ausdrücken. Mit "Winter Dress" haben die Schweden geschickterweise einen weiteren Höhepunkt am Schluss platziert.

Die dritte Platte kristallisiert sich spätestens nach mehrfachem Anhören als mindestens ebenbürtiger Nachfolger von "Gentle Stream" heraus - was keine leichte Aufgabe für diese tolle Band war. Gefragt, was er selbst gern als Kritik über "Picture You" lesen würde, antwortete Frontmann Gunrup der Webseite Flavorwire: "Dies ist wirklich sehr sehr gut." Kann man so sagen - Mission erfüllt!

"Picture You" ist Ende Februar im UK und in den USA erschienen und hierzulande zunächst als Import erhältlich. Am 10. April soll das Album dann auch in Deutschland erscheinen.

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