Kate Bush Strahlendes Comeback im Dunkeln

London · Und doch hat es jemand getan. Obwohl Kate Bush im Vorfeld darum gebeten hatte, sich ihre Konzerte im Londoner Hammersmith Apollo anzuschauen und nicht mit Handy oder ähnlichem zu filmen, kursiert vom Premierenabend ein Video im Internet. Verschwommen sieht und vor allem aber hört man die 56-Jährige singen - glasklar und kraftvoll.

 Kate Bush in einer Szene aus der Suite "The Ninth Wave", die sie in London komplett aufführte.

Kate Bush in einer Szene aus der Suite "The Ninth Wave", die sie in London komplett aufführte.

Foto: AP

"I just know that some-thing good is gonna happen", "Cloudbusting" als Zugabe. Und sie strahlt übers ganze Gesicht - denn es hat funktioniert, das Comeback nach 35 Jahren Konzertabstinenz. Die englischen Medien überschlagen sich, in der BBC gibt es nach der Show eine Live-Sendung mit "Augenzeugen", der "Guardian" hat einen Live-Blog im Internet, der gefüttert wird von einem Reporter im Saal, einer Kollegin, die mit den Fans vor der Tür spricht und einer weiteren, die die sozialen Netzwerke verfolgt. Und am gestrigen Morgen ziert Bush die Titelseiten vieler, vieler britischer Blätter und die Kritiker sind sich einig: Das war großartig! Für den "Daily Express" ist es "das Kulturereignis des Jahres".

Als Kate Bush im Frühjahr in knappen Sätzen bekanntgab, dass sie wieder auftreten werde, begann ein riesiger medialer Hype, der weiterging, als eine Woche später beim Vorverkaufsbeginn rund 80.000 Tickets in rund 15 Minuten verkauft waren. Tröpfchenweise gab es hier und dort Gerüchte und jede Menge Vermutungen darüber, was sie bei den 22 Shows in London machen wird.

Und während sie 1978 die erste Frau war, die mit einem selbst geschriebenen Lied die Spitze der britischen Charts erreichte ("Wuthering heights"), dürfte sie jetzt wohl die erste Künstlerin sein, die es trotz einer Voraufführung einige Tage vorher schaffte, dass bis zum Konzertbeginn niemand wusste, was passieren würde. Musikalische Schwerpunkte sind die beiden Suiten "The Ninth Wave" (vom "Hounds of Love"-Album) und "A Sky of Honey" (von der CD "Aerial"), daneben gibt es "King of the mountain" oder auch ihren größten Hit "Running up that hill", auf Lieder ihrer ersten vier Alben verzichtet sie dagegen komplett. Aber, so schreibt der britische "Telegraph", mit einem so großen Repertoire, wie Bush es habe, wäre jede Auswahl immer nur ein "Schnappschuss" gewesen.

Doch wie schon bei ihrer ersten und einzigen Tournee 1979 ist ein Teil der Musik eingebettet in eine große Inszenierung vor allem im Songzyklus "The Ninth Wave", in dem es um eine ertrunkene Frau geht. Tänzer in Rettungswesten, die die Bühne mit Äxten und Kettensägen bearbeiten, eine Maschine, die über den Köpfen der Zuschauer schwebt, große Papierflugzeuge und Bush selbst, die von Tänzern in Fischskelett-Kostümen durch das Publikum getragen wird - das sind einige der Szenen, die der Kritiker des "Guardian" beschreibt, während die Komplexität der Inszenierung ihn an Pink Floyd zu ihren Hochzeiten erinnere.

Dazu tanze Kate Bush mit "lithe grace" geschmeidig und mit Grazie. Dies sei nicht unbedingt eine Show für Leute, die mit Theatralik nichts am Hut hätten. Und auch wenn das alles in der Beschreibung etwas überkandidelt klinge - so etwa eine Szene über Würstchen, in der Ehemann Danny McIntosh und der im ebenfalls Background mitsingende Sohn Bertie spielen - würde es aber auf der Bühne hervorragend funktionieren. Und für den "Telegraph" ist es "aufregend, die manchmal verrückte, aber wunderbare Fantasie Bushs losgelassen zu sehen".

Stimmlich, da sind sich die Besprechungen einig, sei Bush immer noch einzigartig, "note-perfect" bringt es auf den Punkt. Natürlich nicht mehr so hoch und kieksig wie vor 36 Jahren, sondern etwas "deepened and mellowed with age", wie schon auf den letzten Platten zu hören. Aber Lieder wie "King of the mountain" haben wie auf der CD geklungen. Ein größeres Kompliment kann man einer Perfektionistin wohl nicht machen. Vielleicht bekommt sie ja Lust auf mehr Konzerte.

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