"Leonard Cohen - Live in Dublin" Drei Stunden pures Glück

Am 12. September 2013 war Leonard Cohen in guter Stimmung. Ein ums andere Mal wandte er sich in launigem Ton ans Konzertpublikum in der O2-Arena in Dublin und dankte den Zuhörern: dafür, dass sie in ökonomisch schwierigen Zeiten das Familienbudget belastet hätten, um ein Ticket zu kaufen - und dafür, dass sie während der Pause nicht einfach nach Hause gegangen seien. So geht Understatement.

 Blickkontakt: Leonard Cohen kniet vor dem spanischen Gitarristen Javier Mas, Aufnahme von 2009.

Blickkontakt: Leonard Cohen kniet vor dem spanischen Gitarristen Javier Mas, Aufnahme von 2009.

Foto: dpa

Zu seinen Kollegen auf der Bühne hatte er auch viel zu sagen. Jedes Lob war wie eine Hommage. "Sie singen so schön", bekannte er auch. Das Kompliment an seine Gesangsbegleiterinnen Charley und Hattie Webb artikulierte Cohen mit Inbrunst. Kein Wunder, die Kunst der englischen Webb-Schwestern (Cohen: "the sublime Webb sisters") erreicht eine Intensität, die fast schon schmerzhafte Glücksgefühle verursacht.

Womit wir bei der Existenzberechtigung der Box "Leonard Cohen - Live in Dublin" (Sony Music) wären. Drei CDs und eine DVD/Blu-ray dokumentieren den Auftritt Cohens 2013 in Dublin, wenige Tage vor seinem 79. Geburtstag. Seit er 2008 wieder Tourneen absolvierte und das Publikum auf der ganzen Welt ihm zu Füßen lag, sind mehrere Live-CDs und Konzertmitschnitte auf DVD/Blu-ray erschienen. Und nun Dublin - muss das sein?

Die Welt wäre ärmer ohne diese Veröffentlichung. Kaum glaublich, aber wahr: Cohen und Kollegen haben sich in den Jahren seit 2008 permanent weiterentwickelt, das Songmaterial des Meisters mit zunehmender Tiefe gedeutet und musikalisch ausgedrückt. Man könnte glauben, 2013 war der Gipfel erreicht. Aber Perfektion würde ja keine Weiterentwicklung mehr erlauben, und die traut man Leonard Cohen, der 2010 und 2014 neue Alben veröffentlicht hat, immer noch zu.

In Dublin spielte die Band in anderer Besetzung als gewohnt. Mitch Watkins hatte den Gitarrenpart übernommen, Alex Bublitchi war als hochemotionaler Geigen-Virtuose verpflichtet worden. Dino Soldo (Saxofon, Mundharmonika) und Bob Metzger (Gitarre) waren diesmal nicht dabei.

Die Mannschaft war wieder einmal der Star, immer wieder trat der Sänger demütig in den Hintergrund und genoss den Zauber des Vortrags. Das Drei-Stunden-Konzert bestand nur aus Höhepunkten, aber ein Song glänzte noch heller als alle anderen: "Alexandra Leaving", gesungen von Cohens musikalischer Lebenspartnerin Sharon Robinson. Diese Trennungsschmerz-Ballade lässt sich nicht bewegender interpretieren.

Der historische Abend hatte auch viele humorvolle Momente. Die musikalische Pointe am Ende war die schönste: "Save The Last Dance For Me". Ein tänzerisch-leichter Schlusspunkt.

"Leonard Cohen - Live in Dublin". Sony Music. Drei CDs und eine DVD/Blu-ray.

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