Filmstart Wenn die Mafia den Takt vorgibt

Für die "Jersey Boys" gibt es Ende der 50er Jahre nur drei Möglichkeiten, aus ihrem Viertel herauszukommen: Armee, Mafia oder Musik. Frankie und seine Spießgesellen wählen einen Mix aus den letzten beiden Optionen.

Und so wird aus Francesco Stephen Castelluccio Frankie Valli, die Band nennt sich irgendwann The Four Seasons und landet vor allem in den USA viele Hits, größtenteils aus der Feder des Bandmitglieds Bob Gaudio und des Produzenten Bob Crewe.

Gaudio kreierte aus dem Auf und Ab der Karriere vor einigen Jahren "Jersey Boys", ein typisches Jubebox-Musical, in dem Hit auf Hit folgt und dessen Geschichte sich an der Historie der Band orientiert (im Gegensatz zu ABBAs "Mamma Mia" oder "We Will Rock You" von Queen, wo um die bekannten Songs eine neue Geschichte gestrickt wird). Altmeister Clint Eastwood hat die Bühnenfassung nun auf die Leinwand geholt, und das Resultat sind 134 Minuten, in denen die Langeweile überwiegt. Und das hat verschiedene Gründe.

Die Four Seasons kennt der deutsche Zuschauer vielleicht, aber mehr durch ihre Hits wie "Big girls don't cry" als dem Namen nach, von den einzelnen Mitgliedern einmal zu schweigen. Das erschwert die Identifikation, das Mitleidenwollen. Zudem werden viele Handlungsstränge, wie etwa die Drogensucht und der Tod von Vallis jüngster Tochter, fast wie im Vorbeigehen abgehandelt. Mehr Wert wird da auf die krummen Geschäfte von Gitarrist Tommy de Vito gelegt, die schließlich zum Bruch der Band führen.

Ein Musical, in dem der erste Knallersong nach ziemlich genau einer Stunde den Zuschauer zum Mitwippen bringt, kann einfach nicht richtig Fahrt aufnehmen. Natürlich ist es authentisch, denn auch die Four Seasons haben eher flaue Sachen zum Besten gegeben, bevor sie mit "Sherry" ihren ersten Nummer-Eins-Hit landeten. Allein, der Stimmung tut es nicht gut. Und ein Musical darf, nein, es muss auch manchmal auf die Tränendrüse drücken. In "Jersey Boys" gibt es nur einen Moment, in dem sich in den Augen eine leichte Feuchtigkeit ausbreitet: Wenn Frankie Valli die ersten Takte von "Can't take my eyes off you" singt und damit sich nicht nur selbst nach dem Tod seiner Tochter berappelt, sondern auch seine Karriere wieder in Schwung kommt.

John Lloyd Young war schon am Broadway der Frankie und macht seine Sache großartig, vor allem seine Art, in der Kopfstimme so zu singen wie Valli, ist schon sehr beeindruckend. Aber die Figur bleibt, wie alle anderen auch, sehr holzschnittartig. Und Christopher Walken als alles regelnder Mafia-Boss gelingt zwar ein kleines Kabinettstückchen, aber das muss von jemandem wie ihm auch zu erwarten sein. Stern

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