Rechtsstreit um Kafka-Briefe: Neuer Erfolg für Israel

Tel Aviv/Marbach · Im jahrelangen Rechtsstreit um wertvolle Briefe des Schriftstellers Franz Kafka (1883-1924) hat die israelische Nationalbibliothek einen weiteren Erfolg erzielt. Der Nachlass von Max Brod, Freund und Herausgeber der Werke Kafkas, solle an die Jerusalemer Bibliothek gehen, bekräftigte das Bezirksgericht in Tel Aviv am Montag.

 Briefe von Franz Kafka an seine Schwester Ottla. Foto: Stephanie Pilick

Briefe von Franz Kafka an seine Schwester Ottla. Foto: Stephanie Pilick

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Eine ähnliche Entscheidung eines Tel Aviver Gerichts im Jahre 2012 war bislang nicht umgesetzt worden. Die Richter wiesen am Montag auch in zweiter Instanz die Darstellung der Israelin Eva Hoffe zurück, sie sei rechtmäßige Erbin des kostbaren Nachlasses.

Das Deutsche Literaturarchiv Marbach (DLA), das Interesse an dem Nachlass signalisiert hatte, will den Ausgang des Prozesses erst bewerten, wenn der Text des Urteils vorliegt, wie DLA-Direktor Ulrich Raulff am Dienstag sagte. Von einer Enttäuschung Marbachs könne nicht die Rede sein, "weil wir nie etwas für uns erwartet oder eigene Ansprüche angemeldet haben", sagte Raulff. "Wir waren nicht Partei."

Vor seinem Tod 1924 hatte der jüdische Autor Kafka seinen Freund Brod gebeten, seine Werke zu verbrennen. Dieser brachte sie jedoch zur Veröffentlichung und Kafka errang Weltruhm. Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten aus Prag nach Palästina hatte Brod 1939 in einem Koffer die Werke seines Freundes dabei.

Nach Brods Tod 1968 ging der Nachlass an seine ehemalige Sekretärin Esther Hoffe. Sie verkaufte einen Teil der Texte, darunter das Roman-Manuskript "Der Prozess", für etwa zwei Millionen Dollar. Einen anderen Teil bewahrte sie in Safes in Israel und der Schweiz auf.

Nach ihrem Tod vererbte sie den Kulturschatz an ihre Töchter, von denen eine inzwischen gestorben ist. Die israelische Zeitung "Haaretz" hatte mit einem Bericht den Streit um den Nachlass ins Rollen gebracht.

Das Gericht in Tel Aviv folgte dem Argument, Brod habe in seinem Testament verfügt, sein literarischer Nachlass solle an eine jüdische Bibliothek gehen. Seine Sekretärin habe kein Recht gehabt, ihn weiterzuvererben.

"Kafka hat (Esther) Hoffe nicht gekannt, nie mit ihr gesprochen oder sie getroffen", hieß es in dem Urteil. "Sie stand seinem Herzen nicht nah, sie ist auch keine Angehörige. Die einzige Verbindung zwischen Kafka und Hoffe war, dass seine Briefe auf verschlungenen Wegen in ihre Hände gefallen sind." Zunächst blieb unklar, ob Hoffe das Urteil auch vor dem Höchsten Gericht anfechten will.

Das DLA in Marbach bei Stuttgart hatte laut Raulff der israelischen Nationalbibliothek signalisiert, nach der Entscheidung des Gerichts womöglich zu kooperieren - in der Erschließung und Erforschung der Briefe, vielleicht sogar beim gemeinschaftlichen Erwerb. Seitdem habe man einander "nicht mehr als Konkurrenz wahrgenommen, sondern als Kollegen und Partner".

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