Crowdfunding-Projekt Das unsichtbare Netz

Eine Anthologie mit Kurzgeschichten internationaler Jungautoren beleuchtet das Krisengefühl der "Generation Y".

 Die Autorinnen und Autoren des Projekts stammen aus 18 unterschiedlichen Ländern, unter anderem aus Syrien, Brasilien, Japan, den USA, Hong Kong und der Ukraine. Screen: www.visionbakery.com/issp#Krise

Die Autorinnen und Autoren des Projekts stammen aus 18 unterschiedlichen Ländern, unter anderem aus Syrien, Brasilien, Japan, den USA, Hong Kong und der Ukraine. Screen: www.visionbakery.com/issp#Krise

Zwei Schauplätze, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zwei Geschichten, deren Dramatik nicht kontrastreicher sein könnte. Eine Generation, ein Thema: "The crisis inside". Mohammad Al Bdewi aus Syrien und Leila Al-Serori aus Österreich sind zwei von 18 Vertretern der "Generation Y" aus aller Welt, die das International Short Story Project (ISSP) mit ihren Kurzgeschichten in einer Anthologie vereint.

Diese zeichnet "das Porträt der sogenannten ,generation crisis', erklärt Herausgeber Julian Tangermann. "Wir sind weltweit nicht nur durch das Internet und soziale Netzwerke verknüpft, sondern auch durch ein Gefühl der Krise, durch das nagende Gefühl, dass etwas nicht stimmt", stellt Tangermann fest. Dieses unsichtbare Netz des Krisengefühls, das sich über den gesamten Globus spannt, soll nun mit der Zusammenführung der Geschichten sichtbar werden.

Al Bdewi lebte in Daraa. Er musste fliehen, denn er nahm im März 2011 an Demonstrationen gegen das Assad-Regime teil. Er wurde dabei lebensbedrohlich verletzt, die Geheimpolizei daraufhin auf ihn aufmerksam. Flucht war seine Rettung und die einzige Möglichkeit, seine Familie zu schützen. Er erzählt seine eigene Geschichte.

Al-Serori verarbeitet in "In der Warteschleife" die Perspektivlosigkeit junger Absolventen und ihre Bereitschaft, unentgeltlich zu arbeiten. Hannah Andritz ist die Hauptfigur der Geschichte, die teils auf Al-Seroris eigenen Erfahrungen beruht.

Hannah lebt in Österreich und ist nach ihrem Uni-Abschluss auf der Suche nach einem Einstieg in die Berufswelt, mit einem Kellnerjob hält sie sich über Wasser. Beide Geschichten beleuchten aus ihrer jeweiligen Perspektive einen wesentlichen Aspekt, dem sich jede Generation stellen muss: die Konfrontation junger, heranwachsender Menschen mit ihrer Lebenswirklichkeit.

Al-Serori greift diesen Prozess in ihrer Geschichte sehr schön auf. Hannah durchlebt zwei Arten von Krise: "Einerseits die Eurokrise, die wir alle als Teil der Gesellschaft erleben, und andererseits die Krise in ihr selbst, die jeder junge Mensch durchlebt auf dem Weg zum Erwachsenwerden", erklärt Al-Serori. Die Geschichte endet mit Hannahs Auflehnung gegen diese Form von Ausbeutung. An diesem Punkt beginnt Al Bdewis Geschichte.

"Ich war immer besorgt, ob ich nach meinem Uni-Abschluss einen Job finden würde, und wollte keinesfalls zum Militär eingezogen werden", beschreibt Al Bdewi sein Leben vor der Revolution. Das Gefühl der Hoffnungs- und Ausweglosigkeit verstärkte sich durch das zunehmend repressive Regime in Syrien. Mit der Teilnahme an den Demonstrationen veränderte sich seine Lebenswirklichkeit schlagartig. Al Bdewi schildert diesen rasanten Prozess des Erwachsenwerdens durch eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse sehr eindrucksvoll.

Das Projekt ISSP sieht Al Bdewi als Chance, eine Identifikationsplattform für Menschen abseits der sozialen Medien zu schaffen, die "Raum für den Austausch unterschiedlicher Perspektiven" bietet und damit ein Verständnis füreinander fördert. Der Wandel beginnt bei einem selbst, das haben die beiden Autoren sehr treffend erkannt. Das ISSP finanziert sich über Crowdfunding.

Weitere Informationen: www.thecrisisinside.net

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