Urlauber flüchten in Panik Zahl der Opfer steigt nach Erdbeben auf Lombok

Bangkok · Nach dem schweren Erdbeben in Lombok steigt die Zahl der Opfer weiter an. Weite Teile des Nordens von Lombok sind von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Gläubigen in der Jabal Nur Moschee des Dorfes Lading-Lading hatten keine Chance. Als am Sonntagabend ein Erdbeben nur zehn Kilometer unter der Erdoberfläche die indonesische Ferieninsel Lombok mit einer Stärke von 6,9 auf der Richter-Skala erschütterte, stürzte die grüne Kuppel auf die betenden Menschen. „Wir wissen nicht, wie viele Menschen begraben wurden“, erklärte am Montag Sutopo Purwo Nugroho, ein Sprecher von Jakartas Katastrophenschutzbehörde, „außerdem sind weite Teile des Nordens von Lombok von der Außenwelt abgeschnitten.“

Rund 1,5 Millionen Menschen leben nach Schätzungen des Welternährungsprogramms in einem Umkreis von 50 Kilometern um das Epizentrum des Bebens. Nugroho erwartet, dass die Zahl der bislang bestätigten 98 Toten, die bis Montag aus den Trümmern der etwa 3000 zerstörten Gebäude geborgen wurden, weit unter der wirklichen Opferzahl liegen wird.

Genau eine Woche, nachdem ein Beben der Stärke 6,4 die Insel erschüttert hatte und 16 Tote forderte, stürzten Sonntagabend sowohl beschädigte Gebäude als auch unversehrte Häuser ein. Das Beben war in Denpasar, der Hauptstadt des weltberühmten Ferienparadieses Bali, zu spüren. Besonders stark bebte die Erde auf den drei kleinen Inseln des Gili-Archipels nahe der Nordküste von Lombok, unter der das Epizentrum lag.

Panik hält an

„Das Personal rannte plötzlich aus dem Restaurant“, berichtete ein Tourist per Twitter, „wir haben uns erst dumm angeschaut, und dann sind wir auch gerannt.“ Viele Bewohner und zahlreiche Urlauber, die überwiegend zum Sporttauchen nach Gili strömen, machten erst auf dem höchsten Punkt der Inseln wieder Halt. Seit dem Jahr 2004 sitzt die Angst vor einem Tsunami in allen Köpfen. Diesmal wurde nur eine kaum wahrnehmbare Flutwelle verzeichnet.

Doch viele der verängstigten Indonesier und Ausländer erreichte die Meldung nicht. „Ich habe zuletzt von meiner Tochter gehört, als sie verängstigt auf einem Baum saß“, suchte die Mutter einer australischen Urlauberin auf Twitter verzweifelt nach Nachrichten, „jetzt erreiche ich sie nicht mehr.“ Das Beben fügte der Elektrizitätsversorgung auf Lombok und Gili schwere Schäden sie. Selbst in Lomboks größter Stadt Mataram, deren Flughafen trotz Erdbeben normal funktioniert, mussten Ärzte ihre aus Krankenhäusern evakuierten Patienten beim Licht von Taschenlampen versorgen.

Auf Gili hielt die erste Panik auch am Montag an. Rucksacktouristen drängten sich laut brüllend am Strand der Inseln und versuchten, einen Platz auf den überfüllten Motorbooten zu erkämpfen. Nach dem schweren Beben befeuerten mehr als 130 Nachbeben die Unruhe. Der Fluchtreflex vieler Urlauber im Ferienparadies – laut den Behörden kam kein Ausländer ums Leben – erhielt in Mataram einen Dämpfer.

Übernachten in Notzelten

Die Fluglinien waren dem Ansturm reisewilliger Touristen nicht gewachsen. „Wir versuchen, Flugzeuge zu finden“, hieß es bei der Billigfluglinie Air Asia ziemlich hilflos. Garuda, Indonesiens staatliche Fluglinie, sprang mit Zusatzflügen ein. Etwa 10 000 Menschen konnten am Montag Lombok verlassen. Unter den Passagieren befanden sich Australiens und Singapurs Innenminister, die zu einer Anti-Terror-Konferenz nach Lombok gekommen waren.

Tausende von Indonesiern verbrachten die Nacht zu Dienstag unter freiem Himmel oder in Notzelten. Und während in Lading-Lading die Überlebenden mit bloßen Händen in den Trümmern der Moschee nach Überlebenden suchten, zeigten Videoaufnahmen in sozialen Netzwerken Erstaunliches. Ein Mullah stützte sich während des Erdbebens seelenruhig gegen eine wackelnde Wand und setzte sein Abendgebet fort. Der Mann vertraute wohl auf den seit dem Tsunami von 2004 verbreiteten Irrglauben, dass Moscheen bei Tsunamis und Beben sicher seien.

Eine 38-jährige Frau wiederum wusste ihr Glück zu schätzen. Sie taufte ihren Sohn, der nach dem Beben geboren wurde, Mohammad Gempa Rizki: Mohammed Erdbeben Glück.

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