Royaler Besuch William und Kate rollen Brezeln in Heidelberg

Heidelberg · Vier Stunden royaler Glanz: Zwischen den Stationen Berlin und Hamburg machen Prinz William und Herzogin Kate eine Visite in Heidelberg. Sie treffen Wissenschaftler, Brezelbäcker und Ruderer. 30 000 Menschen bereiten dem Paar trotz Regenwetters einen umjubelten Empfang.

Prinz William knetet leidenschaftlich, aber die Brezel seiner Frau Kate sieht eindeutig besser aus. Die Bäcker auf dem Heidelberger Marktplatz lachen. "Gut gemacht, Königliche Hoheit", sagt einer von ihnen zur Herzogin.

Dann ziehen die Royals weiter - am nächsten Stand wartet ein örtlicher Winzer. Extra für den kurzen Aufenthalt von William und Kate hat die Romantikstadt einen deutsch-britischen Markt aufbauen lassen. Die Stimmung ist gelöst, trotz Regens. Und doch hat der Besuch auch schwere Seiten.

Es ist am Vormittag alles andere als ein leichter Auftakt für William und Kate. Spazierten die Royals am Vortag noch durchs Brandenburger Tor, stehen in Süddeutschland Blutstammzellen auf dem Programm. Der Aufenthalt im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wirkt wie ein Bruch zu den unbeschwerten Bildern aus der Hauptstadt.

"Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal meinem zukünftigen König meine Forschung präsentieren darf", sagt der britische Arzt Michael Milsom. Er soll William und Kate erklären, wie ein fehlgesteuertes Gen in Blutstammzellen eine besonders aggressive Form von Blutkrebs auslösen kann. Es ist kein ausgesprochenes Programm für Kinder, die beiden Kleinen, Charlotte und George, hat das Paar sowieso in Berlin gelassen - zur großen Enttäuschung vieler Heidelberger.

Nach dem intensiven Besuch im Forschungszentrum wechselt die Delegation, darin auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die Flussseite - und das Programm gewinnt an Leichtigkeit. Kretschmann schenkt dem Paar eine Kuckucksuhr und Teddybären aus Baden-Württemberg.

Millionen Touristen zieht es jedes Jahr in die kleine Stadt mit dem Postkartenpanorama - auch viele Landsleute der Royals. Sie lieben "Heidelbörg", steigen hinauf zur berühmten Schlossruine oder schlendern über die barocke Alte Brücke.

"Wir freuen uns auch deshalb über den Besuch, weil damit der intensive Austausch mit unserer Partnerstadt Cambridge gewürdigt wird", sagt Stadtsprecher Achim Fischer. Die Verbindung der Städte ist 52 Jahre alt. William und Kate in Heidelberg: Für den Herzog und die Herzogin von Cambridge ist es ein Heimspiel. Im Zentrum sind Fahnen mit dem Wappen der englischen Universitätsstadt zu sehen.

Der Stand des Freundeskreises Heidelberg-Cambridge hat einen prominenten Platz auf dem Markt. Etwas düster steht die Heiliggeistkirche aus Sandstein am Westende des Marktplatzes. Etwas düster ist auch der Brexit, der den Deutschlandbesuch von William und Kate unsichtbar begleitet. Die Gäste dürften auch im Auftrag der Queen unterwegs sein, um Ängste vor einem Abdriften Großbritanniens nach dem bevorstehenden Austritt aus der EU zu dämpfen.

"Wir würden uns wünschen, dass der Brexit keine größeren Auswirkungen auf die guten Beziehungen haben wird", sagt Ursula Liedvogel vom Freundeskreis Heidelberg-Cambridge. "Unsere Cambridge-Freunde sind alle total gegen den Austritt aus der EU." Nach einer kurzen Stärkung - die Rede war von Ziegenkäse aus Nußloch, Gemüse vom Handschuhsheimer Feld und Odenwälder Forelle - geht es zum Neckar.

Inzwischen scheint auch die Sonne. Ruderboote warten unter der Alten Brücke - und Tausende Zuschauer. Darunter sind auch Schüler von vier Heidelberger Gymnasien. Weil die Royals in der Stadt sind, fällt ihr Unterricht aus - aber nicht etwa aus Begeisterung über den Besuch, sondern wegen der vielen Straßensperrungen. Die Schüler wären nach dem Unterricht erst viel später als sonst nach Hause gekommen.

Auf dem Neckar fahren William und Kate in zwei Booten mit zwei gemischten Mannschaften aus Heidelberg und Cambridge um die Wette. Das Boot von William gewinnt klar, die erste Medaille erhält aber Kate - "für das fast schnellste Boot", sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) augenzwinkernd. Noch bevor die Boote nach dem Rennen richtig trocken sind, machen sich die Royals auf den Weg zurück nach Berlin.

Heidelberg werde vom Aufenthalt des Paars noch lange zehren, sagt Würzner. Er spricht vom "Ereignis des Jahres". Die Kosten des Besuchs taxiert Würzner bei etwa 80 000 Euro. "Aber die Werbewirkung", meint der Rathauschef, "liegt im Millionenbereich."

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