60. Jubiläum der „Verkehrssünderkartei“ Und weg ist der Lappen

BONN · Der Bundestag hat heute vor 60 Jahren die Einführung der „Verkehrssünderkartei“ in Flensburg beschlossen – Eine Abrechnung.

Weil die Deutschen das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre im buchstäblichen Sinn als „Freifahrtsschein“ begriffen und im internationalen Vergleich die meisten Verkehrstoten zu verzeichnen hatten, schaffte der Bundestag am 11. Oktober 1956 die gesetzliche Grundlage für ein Zentralregister zur Speicherung von Verkehrsverstößen. Seither flucht der deutsche Volksmund über den berühmt-berüchtigten „Eintrag in Flensburg“ genau so leidenschaftlich und konsensfähig wie über die ewigen Fahrplanverzögerungen der Deutschen Bahn.

Frust und Verdruss mögen vielleicht nachvollziehbar sein, alternativlos bleibt die staatliche Erziehungsmaßnahme trotzdem – nicht nur, weil die Verkehrsdichte immer weiter zunimmt, sondern weil es dabei gleichzeitig an Schwarmintelligenz und Lernfähigkeit mangelt. Das klingt hart, lässt sich aber statistisch belegen: Nach aktuellen Hochrechnungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) nahmen die deutschen Bundesländer 2014 insgesamt über 850 Millionen Euro an Buß- und Verwarnungsgeldern durch die unterschiedlichsten Vergehen ein.

Es ist aber nicht nur die breite Masse, die die Ente fett macht. Kuriose Einzelfälle sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache: So der Fall eines 26-jährigen Motorradfahrers, der im Münchener Richard-Strauß-Tunnel 26 mal in eine Radarfalle rauschte, je nach Tagesform nur auf dem Hinterrad fahrend und zwischen 25 und 56 km/h zu schnell (die SZ berichtete). Das kostete dann saftige 47 Punkte, zwei Monate Entzug der Fahrerlaubnis und ein Bußgeld von 4.180 Euro.

Zuvor gab es sogar einen ähnlichen Fall, bei dem ein 17-jähriger Motorradfahrer in dem selben Tunnel ebenfalls 26 mal geblitzt wurde – mit ausgestrecktem Mittelfinger. Der Bundeshaushalt dankt. Nur gibt es ein größeres Problem mit diesen Geschichten: Sobald jemand verletzt wird, klingt das alles gar nicht mehr so lustig.

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