CD-Vorstellung "This Is All Yours": Neue CD von "alt-j"

BONN · Objektiv betrachtet ist es irre, dass so viele Leute unsere Musik gekauft haben", so die Überzeugung von Thom Green, dem Schlagzeuger der englischen Band alt-j.

 Echte Freunde: (von links) Joe Newman, Gus Unger-Hamilton und Thom Green.

Echte Freunde: (von links) Joe Newman, Gus Unger-Hamilton und Thom Green.

Foto: Laura Coulson

Seine These begründet er wie folgt: "Unser erstes Album ?An Awesome Wave? war überhaupt nicht auf den Massenmarkt ausgerichtet. Für uns war das doch bloß eine kleine Platte mit kleinen Songs."

Trotzdem hat sie sich mehr als eine Million Mal verkauft, als Zugabe gab es den renommierten Mercury Music Prize, und die drei alt-j-Jungs sind jetzt so etwas wie Rockstars. Also quasi. "Ich würde den Begriff ?Rockstar? von mir weisen", sagt Green, "und damit spreche ich sicher für alle von uns. Wir sind einfache Jungs, die nette Lieder mit netten Sounds und netten Texten machen." Für alt-j ist die totale Normalität und ihre vermeintliche Langweiligkeit fast schon ein Stilmittel.

Zusammengefunden haben sich Sänger Joe Newman, Schlagzeuger Thom Green und Keyboarder Gus Unger-Hamilton 2007 an der Universität in Leeds. "Joe und ich trafen uns am allerersten Tag auf einer Party, wir waren sprichwörtlich gerade erst angekommen. Wir standen bei ein paar Leuten in der Küche, beide etwas schüchtern und unsicher, und kamen ins Gespräch." Bis heute verbringen die Jungs gern Zeit zusammen, "weil wir uns gegenseitig wunderbar zum Lachen bringen können".

Als es ernst wurde mit alt-j, hielten die Jungs anfangs ihre Gesichter aus allen Foto- und Videoveröffentlichungen heraus, sie wollten ausschließlich die Musik sprechen lassen. Aber die Verweigerungshaltung wurde mit der Zeit zu anstrengend. "Es hätte albern und arrogant gewirkt, uns weiter zu verstecken", sagt Thom. "Außerdem muss sich keiner von uns schämen, wir sind ja alle halbwegs ansehnlich." Nach wie vor freilich werden die einzelnen Mitglieder nur höchst selten auf Londons Straßen erkannt, geschweige denn angesprochen,

"This Is All Yours" heißt das zweite Album der zum Trio geschrumpften Band, da Gitarrist Gwil Sainsbury keine Lust mehr auf das Leben als netter Popstarjunge hatte ("Wir sind aber wirklich Freunde geblieben."). Es ist, in Greens Worten, erneut sehr nett geworden. alt-j spielen einen vorwiegend ruhigen, manchmal verschachtelten, aber doch auch zugänglichen Indie-Pop mit Folk- und dezenten Alternative-Rock-Einflüssen.

Richtig griffig und an Beck erinnernd wird es nur einmal, in "Left Hand Free". Ein weiteres Mal dementiert Thom Green das Gerücht, der zugängliche Song sei auf Druck der amerikanischen Plattenfirma entstanden. "Das ist falsch. Das Label meinte lediglich, dass "Left Hand Free" einer Radiosingle am nächsten komme.

Sounds und Stimmungen sind dieser Band heilig, vieles klingt wie direkt fürs Kino geschrieben, stilistisch steckt alt-j ungefähr zwischen Portishead, The xx und Radiohead. "Wir sind auf der zweiten Platte ziemlich nah am Klang der ersten geblieben", setzt Drummer Green, der in seiner kargen Freizeit auch als DJ arbeitet, zu einer weiteren Tiefstapel-Tirade an.

"Eventuell sind die Songs etwas düsterer als vorher, aber wir schocken mit der Platte sicher niemanden und hatten das auch nicht beabsichtigt. Wir haben jeden Song dorthin laufen lassen, wo er hin wollte und unseren Ideen sehr viel Freiraum gelassen".

Die verträumten, liebreizenden Melodien sollten indes nicht über teils handfeste Inhalte hinwegtäuschen. "Arrival In Nara" ist ein Song darüber "dass jeder sein Leben so leben sollte, wie er will, ohne Vorschriften von außen". Es entstand zur Zeit der Winterolympiade in Sotchi und dokumentiere auch, "wie abstoßend die russische Politik gegenüber Homosexuellen ist".

Um Toleranz geht es auch an anderer Stelle. Miley Cyrus macht nämlich mit, "Hunger Of The Pine" verziert der polarisierende US-Superstar mit der gesanglichen Samplezeile "I am a female rebel" (aus ihrem Stück "4x4"). Geht das nicht zu weit? "Nö", sagt Thom Green. "Wir waren nicht allzu besorgt über diesen vermeintlichen Zusammenprall von Hochkultur und Popkultur. Das ist doch eh Blödsinn."

Außerdem: "Miley ist jetzt vielleicht nicht Billy Bragg, aber sie ist ziemlich cool. Ich traf sie vor einem ihrer Konzerte in der Umkleide, um die Zusammenarbeit zu besprechen, und was macht sie da? Raucht erst mal eine schöne Tüte Gras." Man habe sich auf Anhieb sehr gut verstanden.

Info

alt-j: This is all Yours. Infectious Music. Am 8. Februar 2015 tritt die Band im Palladium in Köln auf. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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