Wissenschaftliche Studie Sollte man Bier auf Wein wirklich lassen?

Witten/Cambridge · Nach einem alten Sprichwort ist klar geregelt, ob zuerst Wein oder Bier getrunken werden sollte. Deutsche und britische Wissenschaftler haben dieses nun unter die Lupe genommen. Sollte man Bier auf Wein wirklich lassen?

Das Sprichwort "Bier auf Wein, das lass sein - Wein auf Bier, das rat' ich dir" reimt sich zwar im Deutschen besonders schön, existiert aber zum Beispiel auch auf Englisch und Französisch. Das nahm Kinderarzt und Notfallmediziner Kai Hensel zum Anlass, die Lebensweisheit genau zu untersuchen. Stimmt das überhaupt?

Mit dem Konzept startete Hensel noch an der Universität Witten/Herdecke, seit letztem Sommer ist er an der renommierten University of Cambridge beschäftigt. Die Planung dauerte der Studie zufolge mehrere Jahre. Unter anderem musste geklärt werden, wie stark sich die Teilnehmer betrinken müssen, wie sich ein Kater messen lässt und welche Faktoren ihn eigentlich beeinflussen. Die größte Hürde war die Ethikkommission der Universität, die abnicken musste, dass sich "eine Reihe Menschen im Dienste der Wissenschaft betrinkt".

Hohe Kosten durch verkaterte Arbeitnehmer

Laut Hensel gebe es kaum Studien, die sich mit den kurzfristigen Folgen von Alkohol auseinandersetzen, nur solche für längere Zeiträume. Dabei würden verkaterte Menschen durch Unfälle und Arbeitsausfälle hohe gesellschaftliche Kosten verursachen. Damit die Ergebnisse auch "wissenschaftlich wasserdicht" sind, wurden aus knapp 100 Freiwilligen drei Prüfgruppen für zwei Versuchsabende erstellt. Die erste trank am ersten Abend zunächst Lagerbier und dann Weißwein, die zweite Bier nach Wein und die dritte spezialisierte sich jeweils auf ein Getränk.

Die Teilnehmer waren zwischen 19 und 40 Jahren alt, trinken gerne Bier und Wein und hatten immer zwei "Doppelgänger" während des Versuchs. Diese ähnelten sich in Alter, Größe und Gewicht und wurden auf die drei Gruppen aufgeteilt. Des Weiteren galten rund um die Studie mehr oder weniger die gleichen Konditionen für alle Beteiligten: Mahlzeiten, Wasserzufuhr, Ruhezeit und Raumtemperatur.

Niedrigerer Schwellenwert als gefordert

Die Forscher haben sich für einen Schwellenwert von 1,1 Promille entschieden, die die Probanden erreichen sollten. Im Schnitt waren in der Mischung 1,3 Liter Bier und 0,7 Liter Wein notwendig. In der Gruppe, die nur Bier trank, flossen durchschnittlich 2,6 Liter pro Person, beim Wein waren es 1,2 Liter.

Obwohl sich "einige Teilnehmer übergeben mussten", wie Hensel verrät, hätte es eigentlich noch mehr Alkohol sein müssen. Die Alcohol Hangover Research Group fordert sogar 1,8 Promille, damit ihrer Meinung nach aussagekräftige Ergebnisse entstehen. Am Morgen danach mussten die Teilnehmer acht verschiedene Symptome wie Müdigkeit, Schwindel und Übelkeit auf einer Skala von null bis sieben bewerten.

Die Auswertung hat eindeutig gezeigt: Es macht keinen Unterschied, in welcher Reihenfolge die Alkoholika zu sich genommen werden. Fühle man sich schon am Abend betrunken und müsse sich übergeben, habe man auch einen schlimmeren Kater.

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