AFN gibt Frequenz ab Soldatensender brachte den Rock 'n' Roll nach Deutschland

Wiesbaden · Der amerikanische Kult-Radiosender AFN sendet nach über 70 Jahren nicht mehr vom hessischen Standort auf dem Großen Feldberg aus und gibt die Frequenz ab dem 18. Januar auf. Ein Rückblick auf den Soldatensender, der das Lebensgefühl Westdeutschlands stark mitgeprägt hat.

 Moderator Tim Gauger präsentiert am 06.03.1964 bei AFN in Frankfurt-Höchst die Show „Music in the Air“. (rechts) Die Funktürme auf dem Großen Feldberg im Taunus ragen aus einem Wolkenmeer heraus. (links)

Moderator Tim Gauger präsentiert am 06.03.1964 bei AFN in Frankfurt-Höchst die Show „Music in the Air“. (rechts) Die Funktürme auf dem Großen Feldberg im Taunus ragen aus einem Wolkenmeer heraus. (links)

Foto: dpa, Collage: ga

Bereits mit dem Ende des Kalten Krieges und dem dadurch bedingten Abzug der amerikanischen Truppen weltweit wurden viele AFN-Radiostationen geschlossen und somit Frequenzen aufgegeben.

Über 70 Jahre nutzte der amerikanische Sender AFN mit dem Standpunkt auf dem Großen Feldberg im Taunus die hessische, reichweitenstarke Frequenz 98.70 MHz.

Ab dem 18. Januar wird sie vom Deutschlandradio übernommen. Im Gegenzug erhalten die Amerikaner Frequenzen in Wiesbaden und Karlsruhe.

Hintergründe

Jazz, Rock und Pop statt Schlager, Klassik und Kinderchor: Schon lange vor den ersten Jugendradios haben die Soldatensender der Alliierten nicht nur die Charts, sondern auch das Lebensgefühl der Teenager in Westdeutschland stark beeinflusst.

AFN - aufgeschlüsselt heißt es American Forces Network - brachte den Teenagern eine ganze Kultur aus den USA mit. Seine Musik und die erfrischende Art, Radio zu machen, war in der Nachkriegszeit stilbildend für Generationen.

Dabei hatte dieser Hörfunk ursprünglich eine ganz andere Zielgruppe, nämlich amerikanische Soldaten, Militär-Bedienstete und ihre Familien.

AFN wurde noch im Zweiten Weltkrieg gegründet und ging im Juli 1943 erstmals auf Sendung. Die Radiomacher folgten den US-Truppen auf ihrem Vormarsch in Europa, überall entstanden lokale Sender.

Hauptsitz von AFN Europe

Im August 1945 wurde das AFN-Hauptquartier in Europa von London nach Frankfurt/Main verlegt. Danach befand sich der Sender auf der Air Base im rheinland-pfälzischen Ramstein. 2014 stand der Umzug nach Sembach (Rheinland-Pfalz) bevor, wie AFN-Sprecher George Smith sagte.

Für die Hörer im amerikanisch besetzten Süddeutschland bot AFN Europe - ebenso wie es im Nordwesten Deutschlands das britische Soldatenradio BFBS tat - in der Nachkriegszeit eine akustische Frischzellenkur.

Denn in den meisten deutschen Sendern wurde nur fade musikalische Kost geboten: Schlager über Caprifischer, Seemänner, Liebe und Heimat.

AFN prägte das westdeutsche Lebensgefühl

Im Vergleich zu den deutschen Sendern war der amerikanische Kult-Radiosender viel attraktiver, wie die Hessenschau in einem Rückblick auf die Geschichte des Senders berichtete. Denn die Amerikaner boten ihren Hörern nicht nur Schlager und Heimatlieder, sondern, Rock, Pop, Jazz, Blues und Swing.

AFN brachte Musikstars wie Little Richard, Elvis Presley, Johnny Cash, Dean Martin und das legendäre "Rat Pack" in die deutschen Ohren. Später folgten die Beach Boys, The Doors und Gitarren-Gott Jimi Hendrix.

"All dies bildete den musikalischen und kulturellen Mainstream in einer Zeit, die vom Bedürfnis nach Verdrängung der Vergangenheit und heiler Welt geprägt war", sagte der Zeitzeuge Volker Bausch, Direktor der Point Alpha Stiftung, im Rahmen des 70. Geburtstages des Senders vor einigen Jahren.

"AFN schaffte eine Identifikationsplattform für Jugendliche, die sich von den Erwachsenen der Kriegsgeneration abgrenzen wollte", erklärte Bausch weiter.

Mit Material von dpa

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