Jugendliche saßen in Höhle fest So lief die Rettung des thailändischen Fußballteams

Mae Sai · Das Wunder wurde wahr – und Thailand jubelte. Nach mehr als zwei Wochen sind alle zwölf Jungen und ihr Fußballtrainer am Dienstag aus der Grotte gerettet worden, in der sie gefangen waren. GA-Korrespondent Willi Germund berichtet aus Thailand.

Zehn Tage lang hatte jedes Lebenszeichen von den Kindern zwischen elf und 16 Jahren gefehlt, bis zwei britische Taucher sie vier Kilometer vom Höhleneingang entfernt fanden. Die anschließende komplizierte Rettung wurde mit immensem Aufwand betrieben und kostete einen thailändischen Taucher das Leben.

„Die Jungen und der Coach atmeten ein Gemisch aus Luft und Narkosemittel ein, als sie rausgebracht wurden“, erklärte Nattawut Piriachitta gegenüber dieser Zeitung. Der hohe Funktionär der staatlichen Elektrizitätswerke leitete ein Team von Tauchern seines Konzerns, das bei der Rettung half. „Wir mussten mit unserem Nachschub an Sauerstoffflaschen durch Passagen waten, in denen das Wasser brusthoch stand“, sagte Nattawut.

Das Drama um die Kinder im Goldenen Dreieck von Thailand nahe der Grenze zu Myanmar und Laos löste eine Welle der Hilfsbereitschaft und Sorge aus. „Es ist so wunderbar, dass sie alle gerettet wurden“, freute sich die Buchhalterin Kanya Klunjungreed, die aus Thailands Norden stammt. Die seit 2014 herrschende Militärjunta hatte mangels eigener Fähigkeiten schnell ausländische Hilfsangebote angenommen.

Den schwierigsten Teil der Rettung übernahmen Taucher der australischen Streitkräfte. „Einer von den war so groß und kräftig, der konnte schnell mit den Jungen vorwärtskommen.“ Der Soldat trug die Eingeschlossenen unter Wasser vor seinem Bauch, ein zweiter Taucher transportierte die Pressluftflaschen mit dem Luft- und Narkosegemisch, das die Jungen und ihr Trainer durch eine Gesichtsmaske einatmeten. Den schwierigsten Teil stellte ein nur 40 Zentimeter hoher Engpass dar.

Ein Junge war bewusstlos

Die Augen unter der olivgrünen Kappe von Hauptmann Pacharapon Sukpeng leuchteten, als er über die Rettung der ersten jungen Fußballspieler aus ihrem unterirdischen Verlies in der Tham-Luang-Höhle erzählte: „Dem ersten Jungen, der am Eingang angekommen, sind vor Erleichterung die Tränen nur so aus den Augen geschossen.“ Einer der vier Jungen, die am Montag gerettet wurde, konnte sich zunächst nicht freuen. Er war bei der Ankunft am Eingang der Höhle nach Informationen dieser Zeitung bewusstlos und musste vor seinem Weitertransport sofort behandelt werden. Inzwischen geht es ihm wieder gut.

Am Dienstag konnte die ersten acht befreiten Jungen ihren Eltern durch eine Scheibe zuwinken. Auch war eine erste direkte Begegnung geplant – solange Mutter und Vater mindestens zwei Meter Abstand hielten. Die ersten acht geretteten Kinder im Alter von zwölf bis 16 Jahren feierten nach zweiwöchiger Todesangst vier Kilometer innerhalb der Eingeweide des 1800 Meter hohen Nang-Non- Bergs (Liegende Dame) ein Wiedersehen in Etappen mit ihren Familien. Es gab sogar das erste feste Essen für die Knaben – freilich ohne die scharfen Chilischoten, die in Thailand gerne löffelweise auf Gerichten verteilt werden.

Derweil warteten die Jüngsten der Gruppe von elf bis 16-jährigen Kindern gemeinsam mit ihrem 25-jährigen Trainer, drei thailändischen Navy Seals und dem australischen Arzt Richard Harris in der Grotte 800 bis 1000 Meter unter den Abhängen des Berges weiter auf ein glückliches Ende der verdorbenen Geburtstagsparty.

Die Feier war am 23. Juni das Ziel der insgesamt 13-köpfigen Gruppe. Dann kam heftiger Regen und schnitt ihr den Rückweg ab. Inzwischen dürften sich die kleinen Kicker der Fußballakademie Moo Ba dank immenser Rettungsanstrengungen zur teuersten Nachwuchsmannschaft des südostasiatischen Königreiches gemausert haben. Vorläufig aber interessiert Thailand vorwiegend das gefühlsbeladene Drama nahe der Stadt Mae Sai.

Viel Arbeit im Hintergrund

„Bei der ersten Gruppe am Sonntag handelte es sich um vier Jungen im Alter von 14 bis 16 Jahren“, erläuterte am Dienstag der Armeearzt Totsathep Boonthang die Rettung. „Zwei von ihnen litten an Lungenentzündung und Unterkühlung nach dem langen Weg durchs Wasser.“ Die ältesten Jungen waren laut dem Mediziner auch die schwächsten und wurden deshalb als erste evakuiert. Aber auch zwei der vier jungen Kicker, die am Montag nach wochenlanger Tortur endlich wieder ans Tageslicht kamen, mussten erst aufgewärmt werden, bevor Hubschrauber sie ins Hospital brachten. Am Dienstag brachen dann 19 ausländische Taucher auf, um die letzten Jungen und die Helfer in der Grotte zu retten.

Er begann mit einer Wetterkrise. Erneut war es der tropische Regen, der den Kindern schon einmal fast zum Verhängnis geworden wäre. Stundenlang prasselte er auf den zerklüfteten Berg nieder. „Laut Meldungen aus der Höhle ist der Wasserstand noch okay“, erklärte Gouverneur Narongsak Osottanakorn, „sie können weitermachen. Wir haben Leute auf dem Berg, die alle Stellen verschließen, wo es Wassereinbrüche geben könnte.“

Das Vertrauen des Gouverneurs ruhte auf dem 57-jährigen Hauptmann Pacharapon Sukpeng. Er kletterte aus dem Dorf Phamee auf der Südseite des Berg mit einer Gruppe von 20 Soldaten und 30 freiwilligen Helfern zum Kampf gegen die neuesten Regengüsse in die steilen Hänge des Non Nang.

Der drahtige Offizier mit großen Ohren war an diesem Morgen so grimmig wie schon lange nicht mehr. „Jeder redet über Taucher und die Arbeit in der Höhlen. Von uns spricht niemand“, kritisierte der Hauptmann, „weil wir im Hintergrund schuften. Dabei würde ohne unsere Anstrengungen überhaupt nichts funktionieren.“ Mit Hilfe der Bewohner aus acht Dörfern rund um den Non Nang spürte der Hauptmann während der vergangenen Wochen nahezu jedes Loch im Gestein des Berges auf. Mit Sandsäcken und PVC-Rohren leiten sie das Regenwasser um.

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