Folgen des Klimawandels Riesiger Eisberg hat sich von der Antarktis gelöst

Paris · Einer der größten jemals gesichteten Eisberge hat sich von der Antarktis gelöst. Das könnte ein gesamtes Eisschelf destabilisieren.

 Dimension und Lage des Eisbergs in der Antarktis

Dimension und Lage des Eisbergs in der Antarktis

Foto: dpa

Er ist mehr als eine Billion Tonnen schwer und sechseinhalb Mal so groß wie Berlin: Von der Antarktis hat sich einer der größten jemals gesichteten Eisberge gelöst. Das Abbrechen der Eismassen vom Eisschelf Larsen C könnte dieses destabilisieren und somit letztlich zu einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels führen, erklärten Forscher von der britischen Universität von Swansea am Mittwoch.

Schon seit Jahren hatten die Forscher einen Riss im Eisschelf Larsen C beobachtet, der sich immer weiter ausdehnte. Zwischen Montag und Mittwoch habe sich dann der 5800 Quadratkilometer große Eisberg von dem Eisschelf gelöst, teilten die Wissenschaftler mit. Larsen C habe damit mehr als zwölf Prozent seiner gesamten Oberfläche verloren. Der Vorgang wurde durch Satellitenbilder der US-Weltraumbehörde Nasa belegt, der neue Eisberg soll voraussichtlich den Namen A68 erhalten.

Da die nun abgebrochenen Eismassen schon vorher auf dem Wasser trieben, wirke sich der Abbruch des Eisberges nicht direkt auf den Meeresspiegel aus, erläuterte das Forscherteam. Der Vorgang erhöhe allerdings das Risiko, dass das Eisschelf Larsen C auseinanderbreche.

"Unsere Modelle besagen, dass es weniger stabil sein wird", erklärte der Leiter des Forschungsprojekts Midas der Universität in Swansea, Adrian Luckman. Wenn Larsen C auseinanderbreche, werde dies aber in jedem Fall noch Jahre oder Jahrzehnte dauern.

Durch den Kollaps von Larsen C würden riesige Wassermassen freigesetzt. Wenn alle von diesem Eisschelf aufgefangenen Gletscher ungebremst ins Meer abflössen, würde der weltweite Meeresspiegel um etwa zehn Zentimeter steigen, warnten die Forscher.

Außerdem könnte der neue riesige Eisberg den Schiffsverkehr behindern. Die Europäische Weltraumagentur ESA warnte, Meeresströmungen könnten den Eisberg oder Teile davon bis zu den Falkland-Inseln vor der Südküste Argentiniens treiben und die Schifffahrt in der Drakestraße beeinträchtigen.

Wie sich der Eisberg weiter entwickelt, steht noch nicht fest. "Ein Teil des Eises könnte jahrzehntelang in dem Gebiet bleiben, während Teile des Eisbergs nordwärts in wärmere Gewässer driften könnten", erklärte Luckman. Sein Forschungsteam werde weiter die Entwicklung des Eisberges sowie des Eisschelfs beobachten.

Larsen C ist das nördlichste und größte Eisschelf der Antarktis. Wie andere Eisschelfe wirkt es als riesige Bremse, die verhindert, dass aus Gletschern Wasser direkt ins Meer fließt. Zwei keinere Eisschelfe an der östlichen Seite der Antarktis sind bereits kollabiert: 1995 ging Larsen A verloren, sieben Jahre später Larsen B.

Die Forscher hoben hervor, dass das Abbrechen eines Eisberges ein "Naturereignis" sei, das nicht direkt mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht werden könne. Allerdings ist die Antarktis besonders stark vom Klimawandel betroffen: Sie zählt zu den sich am schnellsten erwärmenden Gebieten unseres Planeten. Wärmeres Meereswasser kann die Unterseite von Eisschelfen zur Erosion bringen, höhere Lufttemperaturen destablisieren die Eismassen an der Oberfläche.

Die Umweltorganisation Greenpeace geht von einem Zusammenhang mit den steigenden Temperaturen aus. "Wenige Tage nach den ernüchternden Ergebnissen des G20-Gipfels wirkt das abgebrochene Eisfeld wie eine gellende Warnung", erklärte Greenpeace in Hamburg. "Nur wenn wir das Versprechen des Pariser Klimaabkommens rasch umsetzen und jetzt den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas beschleunigen, kann der Klimawandel gebremst werden."

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