Großbritannien und seine Tradition zur See Mit der „Britannia“ zu alter Größe

London · Konservative wollen die königliche Yacht restaurieren oder sogar ein neues Schiff für die Königin bauen. Schließlich war man ja einmal eine Macht zur See. Premierministerin May ist von der Idee allerdings nicht begeistert.

 Das waren noch royale Zeiten: Die königliche Jacht „Britannia“ (Bildmitte) läuft am 22. November 1997 in den Hafen von Portsmouth zurück. Das Schiff wurde aus Kostengründen stillgelegt und liegt seither in Edinburgh.

Das waren noch royale Zeiten: Die königliche Jacht „Britannia“ (Bildmitte) läuft am 22. November 1997 in den Hafen von Portsmouth zurück. Das Schiff wurde aus Kostengründen stillgelegt und liegt seither in Edinburgh.

Foto: picture-alliance / dpa

Als vor knapp 20 Jahren Königin Elizabeth II. am Kai stand und ihr schwimmendes Wohnmobil verabschiedete, flossen Tränen. Zum ersten Mal zeigte die Monarchin in der Öffentlichkeit so viel Gefühl, und die ungewohnte Emotionalität brach etlichen Briten fast das Herz. Die königliche Yacht „Britannia“ wurde ausgemustert, obwohl sie erklärtermaßen das liebste Fortbewegungsmittel der Queen war. Seit der Taufe 1953 stellte der Dampfer ihr „home away from home“ dar, ihr Zuhause, während sie im Dienste der Krone und des Commonwealth um die Welt schipperte.

Was haben die Royals nicht für gute Zeiten auf dem Schiff erlebt: Etliche Fotos zeugen von der Ausgelassenheit des Staatsoberhaupts im Privaten mit ihren Kindern und Enkeln, beim Lesen, Sonnen und Arbeiten, oft in Hosen statt im förmlichen Kleid. Allein die Wahl des Outfits, so wissen Insider, sage alles über den Entspanntheitsgrad von Elizabeth II. Die Bilder zeigen auch Treffen mit Würdenträgern und Staatsoberhäuptern, die vom Juwel des Königreichs herab winkten und sich auch ein bisschen königlich fühlen durften, bevor es ums Geschäftliche ging. Doch dann kam Tony Blair, und der damalige Premierminister befand, die Yacht sei zu teuer. Aus Kostengründen wurde sie 1997 im Hafen von Edinburgh eingemottet, wo nun wohlhabende Menschen die Räume für Empfänge mieten und Touristen einen Blick in die majestätischen Gemächer werfen können. Sie sind im Übrigen deutlich kleiner und bescheidener eingerichtet, als man das erwarten würde.

Das Thema jedenfalls schien beendet. Bis zum Brexit-Votum. Dass sich die Mehrheit der Briten für den Ausstieg aus der EU entschieden hat, führt nun dazu, dass die Nostalgiker unter den Briten – und davon gibt es viele – plötzlich öffentlichkeitswirksam die „guten alten Zeiten“ beschwören. Wehmütig blicken sie in die Vergangenheit und sehen hinter der Pracht des Empires natürlich auch die stolze „Britannia“ vor ihrem rückwärtsgewandten Auge schwimmen. In nicht allzu ferner Zeit, so die Hoffnung einiger Brexit-Fans, würde das Land wieder zu seiner alten Stärke als Meeresnation und Handelsmacht finden. Mit dem Dampfer als Symbol zurück zu Glanz und Gloria für das große Britannien, so könnte man den Schlachtruf zusammenfassen, den einige konservative Abgeordnete seit Wochen kultivieren. Manche wünschen, dass die „Britannia“ wieder ihren Dienst aufnimmt. Oder aber, so der favorisierte, weil kostengünstigere Alternativvorschlag, durch eine neue Yacht ersetzt werde. „Wir müssen uns fragen, in was für einem Britannien wir leben wollen und was wir tun können, um Britannien wieder groß zu machen“, sagte der Parlamentarier Jake Berry kürzlich im Unterhaus. „Wenn Brexit bedeutet, dass es ein erfolgreicher Brexit werden wird, dann sollte das auch heißen, dass unsere königliche Yacht zurückkehrt.“ Rund 100 Kollegen aus den Tory-Reihen murmelten ihre Zustimmung. Gleichzeitig biete solch ein repräsentatives Schiff einen guten Ort für wichtige Handelsabschlüsse mit der Welt.

Nun könnte man meinen, dass die Insel angesichts des bevorstehenden Austritts aus der EU ganz andere Probleme hat als die Diskussion um ein ausgemustertes Schiff. Wenn nicht sogar Außenminister Boris Johnson und Liam Fox, Minister für internationalen Handel, mit der Idee flirten würden. Er habe es „mit Bedauern“ vernommen, dass der Bau einer neuen „Britannia“ für Premierministerin Theresa May „keine Priorität darstelle“, so Johnson jüngst. May zeigte sich unbeeindruckt. Eine Neuauflage der Yacht stehe „nicht auf der Tagesordnung“.

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