Erdbeben Viele Tote bei Erdbeben in Italien

Rom · Trümmerhaufen, zerstörte Häuser, 120 Tote und über 350 Verletzte. Sieben Jahre nach dem Erdbeben von L'Aquila hat ein neues schweres Beben die Region in Mittelitalien getroffen. Unter den Opfern sind viele Kinder.

Eines der schwersten Erdbeben seit Jahrzehnten hat Italien Tod und Verwüstung gebracht. Nach den Worten von Regierungschef Matteo Renzi starben bei dem Beben in Mittelitalien mindestens 120 Menschen. "Und diese Bilanz ist nicht endgültig", sagte er beim Besuch in der Katastrophen-Region.

Das Erdbeben ereignete sich in der Nacht zu Mittwoch in dem Dreieck der Regionen Latium, Umbrien und Marken und war in weiten Teilen Italiens zu spüren. Sieben Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in dem 30 Kilometer Luftlinie entfernten L'Aquila machten die Erdstöße in der Apennin-Region ganze Dörfer teilweise dem Erdboden gleich. Unter den Opfern waren viele Kinder, in manchen Familien gab es mehrere Tote.

Die Erdstöße rissen die Menschen in der Nacht auf Mittwoch aus dem Schlaf. Um 3.35 Uhr schwankten im Dreieck der Regionen Umbrien, Latium und den Marken die Wände, Häuser stürzten in sich zusammen. Auch im etwa 100 Kilometer Luftlinie entfernten Rom wackelte der Boden. Experten wollten dort das Kolosseum auf Schäden untersuchen.

Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab das Hauptbeben mit der Stärke 6,2 an. Das sei für sich genommen nicht extrem stark, zitierte die Ansa den Wissenschaftler Massimo Cocco vom Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie. Eines der Hauptprobleme sei aber die Bausubstanz. Die alten Häuser sind nicht erdbebensicher.

Betroffen sind mehrere kleine Orte in der Nähe des Nationalparks Gran Sasso und Monti della Laga. "Hier gibt es nichts mehr. Nur Trümmer. Es gleicht einer Bombardierung", sagte Parlamentspräsidentin Laura Boldrini bei einem Besuch in dem vom Erdbeben zerstörten Ort Pescara del Tronto in den Marken. Straßen waren blockiert, vielerorts fiel der Strom aus. Rund 200 Nachbeben versetzten die Menschen immer wieder in Angst und Schrecken. Viele haben alles verloren.

Besonders stark sind die Verwüstungen auch in der 2600-Einwohner-Gemeinde Amatrice in der Region Latium. "Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr", sagte Bürgermeister Sergio Pirozzi dem Sender RaiNews24. Auch die Grundschule stürzte zur Hälfte ein. Ein Einwohner des Ortes sagte dem Sender: "Alles ist kaputt." Der Ort hatte den Ruf als eines der schönsten Dörfer in Italien. Nun liegt er in Schutt und Trümmern.

368 Verletzte seien seit dem Morgen aus der Gegend von Amatrice und Accumoli weggebracht worden, sagte Renzi. Italien stehe solidarisch zusammen, um die großen Herausforderungen zu meistern.

Unter den Opfern sind auch Feriengäste. Die Region ist vor allem bei Italienern als Urlaubsgebiet beliebt. Die Ausmaß der menschlichen Schicksale war noch nicht vollends absehbar. Helfer arbeiteten noch an der Identifizierung der Opfer.

Dutzende Menschen wurden zudem noch vermisst. Davon sollen allein mehr als 30 unter den Trümmern eines Hotels liegen. Die Bergung gestalte sich sehr schwierig, sagte ein Polizist.

Helfer suchten auch nach Einbruch der Dunkelheit teils mit bloßen Händen nach Verschütteten in den völlig zerstörten Häusern, kletterten mit Spürhunden über die Trümmer. Die Scheinwerfer der Bagger erleuchteten die Szenerie: Hausrat, Fernseher, zertrümmerte Möbel, Töpfe, Kleidungstücke lagen zwischen Trümmern der einstürzten Häuser. Helfer des Roten Kreuzes standen bereit, falls doch noch Überlebende gefunden werden sollten.

Ein zehnjähriges Mädchen konnte am Abend in Pescara del Tronto gerettet werden, ihre kleine Schwester sei hingegen tot gewesen, berichteten die Retter. Immer wieder hatten sie Überlebende geborgen - und immer wieder auch Tote.

Für Hunderte Menschen ohne Dach über dem Kopf wurden Zelte aufgebaut, Hunderte weitere kamen in Sporthallen unter. Im Sportzentrum von Amatrice wurden Liegen aufgestellt. Allein in der Region Marken wurden laut Ansa rund 1500 Menschen obdachlos.

Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert. 2009 hatte ein Beben die mittelitalienische Stadt L'Aquila unweit der jetzigen Erdbebenregion verwüstet, mehr als 300 Menschen starben. Die Häuser in der Region sind teils jahrhundertealt; bei einem solchen Beben fallen sie rasch in sich zusammen.

Die deutsche Bundesregierung bot Italien die Hilfe von Experten des Technischen Hilfswerks (THW) an. Nun müsse die italienische Regierung entscheiden, ob sie das Angebot annehme, teilte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit. Beim bayerischen Innenministerium hieß es, Italien habe keine internationale Hilfe erbeten. Helfer wären wegen des kürzeren Weges vorzugsweise von Bayern geschickt worden.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) drückte in einem Kondolenztelegramm ihr Mitgefühl aus, auch aus anderen Ländern kamen Hilfsangebote und Beileidsbekundungen. US-Präsident Barack Obama kondolierte Italiens Präsident Sergio Mattarella telefonisch und bot nach Angaben eines Sprechers ebenfalls Hilfe bei Rettungs- und Wiederaufbaumaßnahmen an.

Papst Franziskus zeigte sich ebenfalls tief betroffen. Er finde kaum Worte, seinen großen Schmerz auszudrücken, sagte er zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. "Den Bürgermeister von Amatrice sagen zu hören, dass der ganze Ort nicht mehr existiert, und zu wissen, dass unter den Opfern Kinder sind, hat mich sehr berührt."

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