Ansturm auf den Balearen Mallorca bremst Touristen aus

Madrid · Es ist übervoll auf der beliebtesten Urlaubsinsel der Deutschen. Jetzt will die Regierung der Baleareninsel die Zahl der Gästebetten deckeln. Weniger Touristen sind das Ziel.

 Nichts geht mehr: Mallorca ist nicht nur in Cala Figuera überlaufen.

Nichts geht mehr: Mallorca ist nicht nur in Cala Figuera überlaufen.

Foto: Wolfgang Jargstorff - Fotolia

Die Insel Mallorca, die diesen Sommer zum Bersten voll war, tritt auf die Bremse. Immer mehr Urlauber, Gedränge an den Stränden, verschmutzte Buchten, Staus auf den Straßen, Trinkwassernot – nun reicht es den Mallorquinern. Die Inselregierung kündigte an, dass bis nächsten Sommer ein Touristenlimit eingeführt wird. Über eine Begrenzung der Gästebetten soll der ausufernde Reisestrom, der zunehmend Probleme für die Umwelt und das soziale Zusammenleben bringt, in verträgliche Bahnen gelenkt werden.

Das Boot Mallorca sei voll, lautet die Parole der Inselregierung – wenigstens in der Hochsaison. Nur in der Nebensaison von Herbst bis Frühjahr gebe es noch Kapazitäten. Doch die meisten Menschen wollen unbedingt in den drei Sommermonaten nach Mallorca, in denen sich allein schon die Hälfte aller Jahresbesucher auf der Insel drängeln. „Und die Nachfrage steigt“, sagt Tourismusminister Biel Barceló. Auch wegen der Terrorangst in anderen Urlaubsregionen wie Tunesien, Ägypten oder Türkei. Aber man habe nur „begrenzte Ressourcen wie Trinkwasser und Boden“ zur Verfügung – die Grenze sei erreicht. Sogar die meisten Reiseveranstalter forderten inzwischen „mehr Nachhaltigkeit“.

Obwohl das Jahr noch nicht vorbei ist, steht fest: Auf Mallorca wurden in 2016 alle Rekorde gebrochen – die Touristenzahl wuchs um zehn Prozent: Bis Ende Oktober kamen mit 10,6 Millionen Urlaubern schon mehr als 2015. Allein vier Millionen Gäste flogen aus Deutschland an, 2,3 Millionen kamen aus Großbritannien – spanische Urlauber waren mit 1,1 Millionen eher eine Minderheit. Bis Ende 2016 werden auf der Urlaubsinsel, auf der 850.000 Menschen leben, mehr als elf Millionen Urlauber erwartet.

Natürlich wissen die Inselpolitiker, dass man niemandem verbieten kann, nach Mallorca zu reisen. Deswegen wird jetzt indirekt über die Deckelung der Gästebetten eine Wachstumsbremse eingebaut. Die Inselpolitiker stellten einen Gesetzesentwurf vor, nach dem es für Hotels wie für Privatunterkünfte künftig nur Genehmigungen geben soll, wenn – ein noch festzulegendes – Bettenlimit noch nicht ausgeschöpft ist. Ist die Obergrenze einmal erreicht, dürfen neue Hotel- wie Vermietungsbetriebe nur noch aufmachen, wenn anderswo Bettenkapazitäten abgebaut werden. Das geplante Urlauberlimit ist auch eine Reaktion auf die wachsenden sozialen Spannungen, die auf Mallorca spürbar sind. Tourismusfeindliche Schmierereien wie „Urlauber, go home“ tauchten diesen Sommer an Fassaden in Palma auf. In einer Umfrage der Inselzeitung „Diario de Mallorca“ bekräftigten 90 Prozent der Bevölkerung, „dass Mallorca durch den Tourismus überlastet ist“.

Eine Bürgerinitiative protestiert gegen die Überfüllung mit einem Manifest, das den Titel trägt: „Ohne Limits keine Zukunft.“ In dem Protestaufruf heißt es: „Die Balearen werden vom zunehmenden Massentourismus und der ausufernden Bebauung immer mehr verschlungen. Der Rhythmus der Zerstörung des Landes, der Landschaft, des Lebensraumes vieler Menschen ist mittlerweile unerträglich.“ Derzeit gibt es nach Angaben der Behörden annähernd 350.000 offiziell registrierte Übernachtungsplätze auf Mallorca. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl illegaler Ferienapartments und Fincas, die ohne Genehmigung „schwarz“ übers Internet vermarktet werden. Mehr Betten werde man nicht mehr genehmigen, warnte Tourismusminister Barceló, eher dürften es künftig weniger sein. „Nicht alles, was man heute touristisch anbietet, wird künftig auf dem Markt sein.“

Vor allem dem privaten Schwarzmarkt, auf dem mehr als 100.000 Betten gehandelt werden, will Barceló den Kampf ansagen. Internetplattformen wie Airbnb will er per Strafandrohung verpflichten, nur noch offiziell registrierte Unterkünfte anzubieten. Wer als privater Ferienvermieter künftig eine Erlaubnis haben will, muss Qualitätsstandards wie Reinigung, Bettwäsche und andere Serviceleistungen garantieren – und natürlich Steuern bezahlen.

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