Kriminalität Möglicher Mitwisser traf Münchner Amokläufer vor der Tat

München · Hätte der Amoklauf von München verhindert werden können? Der Schütze hatte mutmaßlich einen Mitwisser. Während die Polizei noch rätselt, was er während seiner zweistündigen Bluttat genau gemacht hat, geht das Leben in dem Einkaufszentrum wieder los - anders als gewohnt.

 Trauernde nehmen in München an einer Mahnwache teil.

Trauernde nehmen in München an einer Mahnwache teil.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Ein mutmaßlicher Mitwisser des Amok-Schützen von München hat sich nach Angaben der Ermittler kurz vor der Tat mit dem 18-Jährigen im Bereich des Tatorts getroffen - und möglicherweise von dessen Waffe gewusst.

Der 16-Jährige habe zudem einen Chat mit dem Täter gelöscht, teilte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch mit. Die Polizei habe den Verlauf der Kommunikation über den Dienst WhatsApp aber wiederhergestellt. Der festgenommene Jugendliche kam wieder auf freien Fuß.

Drei Tage nach dem Amoklauf mit neun Todesopfern öffnete das Olympia-Einkaufszentrum wieder - nach einem Gedenkgottesdienst für die Mitarbeiter.

Der 18-Jährige Täter hatte am Freitagabend neun Menschen und sich selbst umgebracht. Er habe mehrere Opfer mit Kopfschüssen getötet und sich dabei vermutlich an Killerspielen orientiert. "Mein Eindruck war, der hat sich wie in einem Computerspiel bewegt", sagte Kriminaldirektor Hermann Utz. Der Täter habe seine Opfer regelrecht hingerichtet. Der 16-Jährige und der Amok-Schütze waren nach Angaben der Ermittler süchtig nach Computerspielen. "Nach unserer Einschätzung haben sich zwei Einzelgänger getroffen", sagte Utz.

Der mutmaßliche Mitwisser hat den Amokläufer nach Angaben der Ermittler im vergangenen Sommer in einer Psychiatrie kennengelernt, wo beide wegen depressiver Erkrankungen behandelt wurden. Dort habe der 16-Jährige erfahren, dass der Täter den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik verehrt habe, sagte Steinkraus-Koch. Der 18-Jährige habe auch geäußert, "er hätte einen Hass auf Menschen". Die beiden hätten sich über Amokläufe ausgetauscht - aber nach ersten Erkenntnissen nicht mit Therapeuten oder anderen darüber gesprochen.

Aufgrund des wiederhergestellten Chat-Verlaufs und einer neuen Vernehmung gebe es auch die Vermutung, dass der 16-Jährige "wusste, dass der Amok-Schütze im Besitz einer Glock 17 ist", sagte Steinkraus-Koch. Deshalb - wegen der Anwesenheit am Tatort und einer möglichen Kenntnis von der Waffe - gingen die Ermittler davon aus, "dass er etwas von der Tat gewusst haben könnte". Zum Tatzeitpunkt war der 16-Jährige aber nicht mehr in der Nähe des Einkaufszentrums. Er soll am Freitag von einem Freund von dem Amoklauf erfahren und sich dann gegen 21.30 Uhr bei der Polizei gemeldet haben.

Die Polizei hatte den 16-Jährigen am Sonntag um 19.15 Uhr festgenommen. Er hatte sich bei Befragungen in Widersprüche verwickelt, gegen ihn wird wegen des Verdachts des "Nichtanzeigens einer Straftat" ermittelt. Der Ermittlungsrichter sah am Montagnachmittag allerdings weder einen dringenden Tatverdacht noch einen Haftgrund. Der 16-Jährige kam wieder auf freien Fuß.

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