Windstärke 11 "Friederike" tobt in NRW: Verletzte durch umstürzende Bäume

Düsseldorf · Mit Windstärke 11 ist das Orkantief "Friederike" am Vormittag über NRW hinweggefegt. Zoos, Märkte und viele Schulen schlossen, Eltern mussten ihre Kinder abholen. Aus Sicherheitsgründen legte die Bahn alle Züge still. Mehrere Menschen wurden verletzt.

 Ein Baum liegt in Essen entwurzelt auf einer Grünfläche.

Ein Baum liegt in Essen entwurzelt auf einer Grünfläche.

Foto: Marcel Kusch

Brücken gesperrt, Schulen geschlossen, Stillstand auf den Gleisen und Schwerstarbeit für die Feuerwehr: Auf den Tag genau elf Jahre nach dem verheerenden Orkan "Kyrill" ist das Sturmtief "Friederike" am Donnerstag mit enormer Kraft über NRW hinweg gefegt. Kleinere Lastwagen wurden wie Spielzeugautos von den Straßen gedrückt, reihenweise deckten die schweren Böen Dächer ab und entwurzelten Bäume. Mehrere Menschen wurden durch umstürzende Bäume verletzt. Aus Sicherheitsgründen legte die Deutsche Bahn den Zugverkehr still, auch am Flughafen in Köln/Bonn, bei der Rheinbahn in Düsseldorf sowie bei der Wuppertaler Schwebebahn ging zeitweise nichts mehr.

Mit orkanartigen Böen von bis zu 130 Kilometern pro Stunde sollte "Friederike" im Laufe des Tages vor allem am Niederrhein, im östlichen Ruhrgebiet und im Münsterland toben.

Mindestens drei Fußgänger wurden verletzt. In Ratingen traf ein umstürzender Baum eine Fußgängerin. Zwei Menschen wurden im Kreis Heinsberg von einem umfallenden Baum eingeklemmt und schwer verletzt. Sie mussten von der Feuerwehr befreit werden.

Auf den Straßen herrschten in einigen Regionen zeitweise chaotische Zustände. In Duisburg drohte ein Lkw von einer Brücke der Autobahn 59 zu stürzen. Die Autobahn wurde voll gesperrt. Der Planen-Lastwagen war von einer Böe an die Brüstung gedrückt worden, sagte ein Sprecher der Autobahnpolizei in Düsseldorf. Die Feuerwehr bemühte sich, den Wagen zu sichern.

Auf der Bundesautobahn 555 in Höhe der Anschlussstelle Wesseling wurde ein Lkw vom Sturm erfasst und über alle drei Fahrstreifen gefegt. Die Feuerwehr befreite den eingeklemmten Fahrer (54) aus dem Führerhaus seines Styroportransporters. Rettungskräfte brachten ihn und seine verletzte Beifahrerin (65) in ein Krankenhaus. Die A 555 wurde in Fahrtrichtung Bonn für mehrere Stunden komplett gesperrt.

Auch auf anderen Autobahnen im Rheinland kam es durch losgelöste Lkw-Planen, umgekippte Baustellenschilder und umgeknickte Bäume zu "unzähligen Einsätzen". Immer wieder mussten einzelne Abschnitte gesperrt werden.

Bei rund 100 000 Menschen in Nordrhein-Westfalen und den angrenzenden Bundesländern gab es Störungen und Stromausfälle, teilte der Netzbetreiber "Westnetz" in Dortmund mit. Grund seien auf Freileitungen gestürzte Bäume.

Die Feuerwehren berichteten in den Ruhrgebietsstädten Duisburg und Dortmund bis zum Mittag von je 100 Einsätzen. Die Einsatzkräfte hätten alle Hände voll zu tun, auch das Technische Hilfswerk sei hinzugezogen worden. In Krefeld zählte die Feuerwehr bis 11.55 Uhr bereits mehr als 210 Einsätze - überwiegend wegen umgestürzter Bäume. Das Notrufnetz sei teilweise überlastet.

Viele Schulen blieben wegen "Friederike" geschlossen oder sagten den Schulunterricht nach den ersten Stunden ab. Tausende Eltern mussten ihre Kinder vorzeitig abholen. Unter anderem in Neuss, Hagen und Düsseldorf fiel zwar der Unterricht aus und Stadtverwaltungen forderten Eltern auf, ihre Kinder abzuholen. Allerdings hatten die Schüler auch die Möglichkeit, bis zum Ende des Unwetters in der Schule bleiben. Im Regierungsbezirk Münster beendeten ebenfalls viele Schulen den Unterricht nach den ersten Stunden.

Das Schulministerium und die Bezirksregierung hatten im Vorfeld bereits darauf hingewiesen, dass Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken müssten. Schulen konnten auch eigenverantwortlich schließen.

Auch die Zoos in Köln, Dortmund und Duisburg hatten am Donnerstag vorsichtshalber zu, in Bochum und Aachen wurden die Wochenmärkte abgesagt. Die Feuerwehr riet dazu, zu Hause zu bleiben und vor allem den Wald zu meiden.

Nach ersten schweren Böen und starken Regengüssen am frühen Morgen hatten Wetterexperten bereits vor deutlich schwereren Windstärken im Laufe des Tages gewarnt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab für die Zeit bis zum Abend eine Unwetterwarnung für alle fünf NRW-Regierungsbezirke heraus.

Wegen des Sturmtiefs wurden am Flughafen Düsseldorf zunächst 18 Flüge gestrichen, der Flughafen Köln/Bonn stellte den Betrieb zeitweise ganz ein.

Die Feuerwehr Dortmund warnte, wer sich draußen aufhalte, sollte zumindest die Nähe von Bäumen meiden und auf umherfliegende Gegenstände achten. Herabstürzende Äste oder Dachziegel seien zu befürchten, hieß es in der Warnung des DWD.

"Friederike" dürfte nach Einschätzung eines Experten des Deutschen Wetterdienstes aber nicht so große Schäden anrichten wie Sturmtief "Xavier" im Oktober. Damals hätten die Bäume wesentlich mehr Laub getragen und damit dem Wind mehr Angriffsfläche geboten als jetzt im Januar, sagte DWD-Meteorologe Markus Eifried am frühen Donnerstagmorgen. Er gehe nicht davon aus, dass "Friederike" ein ähnliches Schadensniveau erreichen könne. Beim Sturm "Xavier" waren im Herbst sieben Menschen durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste getötet worden, der Bahnverkehr im Norden und Osten wurde lahmgelegt.

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