Stirbt die Sportart aus? Kegler in Bonn machen sich Sorgen um die Zukunft

Hannover/Bonn · Kegeln war einst eine Art Volkssport. Mittlerweile haben die Vereine große Nachwuchsprobleme. Stirbt die Sportart aus? Auch in Bonn bemerken die Gastronomen einen Rückgang an Nachwuchskeglern.

Ein geselliger Abend auf der Kegelbahn – vor 30 Jahren gehörte das für viele Deutsche zum festen Freizeitprogramm. Wer mit Kollegen oder Freunden kegeln wollte, musste sich oft Wochen im Voraus um die Reservierung der Bahnen kümmern. Inzwischen hat sich die Lage grundsätzlich geändert. „Wartezeiten gibt es heute kaum noch“, sagt der Präsident des Deutschen Kegler- und Bowlingbundes, Uwe Oldenburg. Die Zahl der Kegler sei stark zurückgegangen.

Wie schlecht es um die einst so beliebte Sportart steht, zeigen die Zahlen des Spitzenverbandes für Kegeln und Bowling. „Wir waren in den 1980er Jahren mal fast 200.000 Mitglieder und haben jetzt noch 80.000 Mitglieder“, bilanziert der 68 Jahre alte Oldenburg. „Wir verlieren jedes Jahr zwischen drei und fünf Prozent.“ Einen Weg, den Niedergang zu stoppen, habe bislang niemand gefunden. Beim Bowling sei es nicht besser. „Es ist das Gleiche wie beim Kegeln.“

Rückgang an Nachwuchskeglern auch in Bonn

In Bonn verfügen rund zwei Dutzend Gaststätten und Kneipen über eine Kegelbahn. Den Rückgang an Nachwuchskeglern bemerken auch die Gastronomen in der Bundesstadt. „Der Dauerkegler stirbt aus“, sagt Hans Schulze-Osterfeld, Inhaber des Traditionslokals Anno-Tubac in der Bonner Innenstadt. Vereine mieten die Kegelbahn der Gaststätte an der Kasernenstraße nur noch selten. Inzwischen sind noch drei Gruppen übrig geblieben, die sich bereits seit mehr als zehn Jahren regelmäßig zum Kegeln treffen. Gut besucht ist die Kegelbahn im Anno-Tubac trotzdem: von Firmen oder Freundesgruppen, die einen Abend lang die Sportart ausprobieren möchten.

„Weniger geworden ist es schon“, sagt auch Sabine Nehrkorn, Inhaberin des Gasthaus Nolden in Endenich. Noch vor 15 bis 20 Jahren waren die vier Kegelbahnen vor allem am Nachmittag gut ausgelastet – heute hat sich das eher in den Abend verlagert. Dennoch kommen immer noch 70 Kegelclubs zum regelmäßigen Spiel in das Lokal. Auch junge Leute oder Freundesgruppen mieten am Wochenende eine der Bahnen für einen Abend. Der Trend geht weg vom regelmäßigen Spiel im Club hin zum spontanen Treffen. „Das ist ja billiger als Bowling“, würden viele junge Besucher erstaunt beim Blick auf die Preise feststellen. Auch wenn sich eingefleischte Kegelfreunde den Vergleich mit der US-amerikanischen Spielart womöglich verbitten werden: Die Bowlingbahnen im Bonn-Center haben sich bei Gruppen über Generationen großer Beliebtheit erfreut. Zwei Jahre vor dem Abriss des markanten Hochhauses am Bundeskanzlerplatz endete auch ihre Geschichte.

Freizeitforscher erklärt Entwicklung

Der Freizeitforscher Rainer Hartmann von der Hochschule Bremen erklärt die Entwicklung mit dem Ende eines Trends. „Es hat auch etwas mit Zeitgeist zu tun“, sagt der Professor. In den 70er Jahren sei Kegelneine beliebte Möglichkeit gewesen, Sport und Geselligkeit zu verbinden. Inzwischen seien die Gaststätten mit Kegelbahnen aber alt geworden, Globalisierung und Digitalisierung hätten die Welt und die Ansprüche der Menschen verändert. „Wenn man Kegeln wieder hip machen wollte, müsste man es modernisieren und bräuchte andere Räume.“

Tatsächlich interessieren sich viele junge Menschen kaum noch für den Kegelsport. „Kegeln ist total überaltert“, sagt der Vorsitzende des Keglerverbandes Niedersachsen, Jürgen Ketelhake. „Es gibt die Klientel nicht mehr.“ Nach Einschätzung des 66-Jährigen bietet ein körperlich einseitiger Sport in veralteten geschlossenen Kellerräumen wenig Anreize für junge Menschen. „Kegeln ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Ketelhake. Auch der 83 Jahre alte Ehrenvorsitzende des Bremer Kegler-Vereins, Herbert Kück, bringt das Problem auf den Punkt: „Die Jugend kommt nicht nach und die Alten sterben aus.“

Für die Zukunft hat Ketelhake, der Nationalspieler und Deutscher Meister im Kegeln war, wenig Hoffnung. „Alles, was wir versucht haben, hat nichts gebracht.“ Aber Sportarten wie Tischtennis oder Handball hätten ähnliche Probleme. „Alle Vereine verlieren Mitglieder.“ Viele Jugendliche interessierten sich mehr für Computerspiele als für Vereinssport. Kück aus Bremen ist ebenfalls pessimistisch. „Wenn das so weiter geht, ist es spätestens in fünf bis zehn Jahren zu Ende mit den großen Hallen. Die Jugend ist nicht mehr so interessiert.“

Freizeitforscher Hartmann sieht durchaus Chancen für die Sportart, verweist aber darauf, dass Vereine bereit sein sollten, sich zu verändern. „Sportvereine müssen flexibel sein in ihrem Angebot und sich dem Zeitgeist und den Trends anpassen.“

Der Präsident des Deutschen Kegler- und Bowlingbundes sieht genau darin das Problem. „Wir sind ein sehr konservativer Sport. Veränderungsprozesse sind im Kegelsport relativ schlecht durchzusetzen“, sagt Oldenburg. Mit Blick auf die vielen älteren Kegler, die alles so lassen wollen, wie es schon immer war, sagt er: „Der Kegelsport ist in meinen Augen ein wenig zu sehr auf Tradition ausgelegt. Man sollte auch mal ein bisschen an die Zukunft denken.“ (ga/dpa)

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