Grausamer Mord an Sqeezer-Sänger: Angeklagte schweigen

Berlin · Jim Reeves feierte in den 1990er Jahren mit seiner Band Sqeezer Erfolge. Im vergangenen Jahr starb er qualvoll in einem Hostel in Berlin. Die Spuren führten zu zwei Männern, die mit ihm ein Zimmer teilten. Nun hat in der Hauptstadt ein Mordprozess begonnen.

 Die Angeklagten im Landgericht Berlin verdecken ihr Gesicht.

Die Angeklagten im Landgericht Berlin verdecken ihr Gesicht.

Foto: Soeren Stache

Der Popmusiker Jim Reeves war 47 Jahre alt, als er im vergangenen Jahr in einem Hostel in Berlin qualvoll starb. Eineinhalb Jahre später sitzen seine beiden Schwestern und der Bruder den mutmaßlichen Mördern gegenüber. Die 23 und 30 Jahre alten Angeklagten zeigen keine Regung und hüllen sich am Mittwoch beim Prozessbeginn vor dem Berliner Landgericht in Schweigen.

Die Männer sollen den Sänger und Musikproduzenten Reeves im Februar 2016 grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet haben. In einem Sechs-Bett-Zimmer, das sie sich mit dem Musiker teilten, hätten sie ihn aus schwulenfeindlichen Motiven gequält, heißt es in der zum Prozessauftakt verlesenen Anklage. Ermittlungen und Obduktion ergaben, dass Reeves brutal misshandelt wurde.

Sie hätten Reeves mit der Faust und einem Holzstuhl ins Gesicht geschlagen, liest die Staatsanwältin vor. Sie hätten ihn dann mit einem länglichen Gegenstand vergewaltigt. Er starb an inneren Verletzungen. Die Leiche des bisexuellen Künstlers wurde am nächsten Morgen im Zimmer 25 des Hostels entdeckt. Die Anklage mit den entsetzlichen Details sei „selbst für erfahrene Juristen nicht alltäglich“, so ein Nebenklage-Anwalt.

Mutmaßliche Täter stammen aus Polen

Reeves wurde als Jim Nyasani in Köln geboren. In den 90er Jahren war der Sänger und Musikproduzent mit seiner Eurodance-Band Sqeezer („Blue Jeans“, „Sweet Kisses“) erfolgreich. Der Mann mit den damals blond gefärbten Rastazöpfen stand im Mittelpunkt der Gruppe. Er war später auch als Moderator, Schauspieler und Model tätig.

Die mutmaßlichen Täter stammen aus Polen. Als Bauarbeiter seien sie in Berlin auf Durchreise gewesen, heißt es am Rande des Prozesses. Wenige Tage vor dem Verbrechen hätten sie wie Reeves in dem Hostel eingecheckt. Am Morgen nach der Tat sollen sie in das Auto eines Landmannes gestiegen sein. Der Fahrer des Wagens und der Beifahrer gelten im Prozess als wichtige Zeugen. Und die Staatsanwaltschaft stützt sich auf DNA-Spuren, die am Tatort sichergestellt wurden.

18 Tage nach der Tat wurde der 23-Jährige in Polen festgenommen und nach Verbüßung einer Gefängnisstrafe in seinem Heimatland wegen anderer Delikte im Frühjahr 2017 nach Deutschland ausgeliefert. Nach dem mutmaßlichen Komplizen suchte die Kriminalpolizei noch längere Zeit. Erst im Februar 2017 wurde der 30-Jährige im spanischen Lleida westlich von Barcelona gefasst. Bei ihm seien zwei gefälschte Ausweise, ein Elektroschocker, drei Handys und 7000 Euro gefunden worden, hieß es.

Als erste Zeugin wird im Prozess eine Polizistin befragt. Dann haben die Geschwister den ersten Verhandlungstag überstanden. Nein, sie wolle derzeit keinen Kommentar abgeben, so Moderatorin Shary Reeves. „Es ist alles noch zu frisch“, sagt ihr Anwalt. Ein früherer Bandkollege von Jim Reeves sagt über die Tat: „So etwas kann kein normaler Mensch tun.“ Am 15. September geht der Prozess weiter.

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