Jahrestag der „Costa Concordia“-Katastrophe Giglio gedenkt der 32 Toten

Rom · Wer an Bord war, wird den Abend des 13. Januar 2012 nie vergessen: Vor fünf Jahren havarierte das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ vor der italienischen Insel Giglio. Das Schiff ist nahezu komplett abgrewrackt. Und was ist aus dem Unglückskapitän Francesco Schettino geworden?

 Gekenterter Gigant: Das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ liegt an der Küste der italienischen Insel Giglio. Bei dem Unglück am 13. Januar 2012 kamen 32 Menschen ums Leben.

Gekenterter Gigant: Das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ liegt an der Küste der italienischen Insel Giglio. Bei dem Unglück am 13. Januar 2012 kamen 32 Menschen ums Leben.

Foto: dpa

Don Lorenzo Pasquotti war einer der ersten, der den Schiffbrüchigen in der Unglücksnacht zu Hilfe eilte. Der Dorfpfarrer im Hafen der toskanischen Insel Giglio sperrte die Türen seiner Kirche auf. Die ersten durchnässten Passagiere kauerten da schon auf den Stufen.

Don Lorenzo schaffte Decken und Jacken aus seiner Wohnung herbei. „Später haben sich die Schiffbrüchigen auch mit den Messgewändern und den Hemden der Ministranten zugedeckt“, erzählt der Pfarrer am Telefon.

An diesem Freitag wird auf Giglio der fünfte Jahrestag der Havarie der „Costa Concordia“ begangen, ein Unglück, bei dem 32 Menschen ums Leben kamen. Das Kreuzfahrtschiff war am 13. Januar 2012 gegen 21.45 Uhr vor der Insel wegen eines waghalsigen Manövers auf Grund gelaufen und kam vor dem Hafenbecken mit schwerer Schlagseite zu liegen. 4229 Passagiere befanden sich auf dem Schiff, die meisten konnten sich mit Rettungsbooten oder schwimmend in den Hafen von Giglio retten.

Glocken läuten auf Giglio

Am Freitagmittag wird Don Lorenzo einer Gedenkmesse in der Kirche von Giglio vorstehen. Anschließend soll an der Unglücksstelle ein Blumenkranz ins Wasser gelassen werden. Nach Einbruch der Dunkelheit ist ein Fackelzug im Hafen geplant, schließlich werden um 21.45 Uhr die Kirchenglocken läuten und die Hupen der im Hafen liegenden Schiffe ertönen. „Es wird ein bewegender Moment sein“, sagt Don Lorenzo.

Vom Wrack der „Costa Concordia“ ist auf Giglio nichts mehr zu sehen. Über 18 Monate lag das knapp 300 Meter lange Kreuzfahrtschiff vor der Insel. In einer aufwendigen Aktion richteten Spezialisten das Wrack auf, brachten es mithilfe von 30 Stahlcontainern wieder zum Schwimmen und schleppten es im Juli 2014 in den Hafen von Genua. Dort wird der Stahlriese abgewrackt. 80 Prozent des Materials soll für den Bau anderer Schiffe wiederverwendet werden. Bis Februar soll der letzte Rest des Schiffs verschwunden sein.

Wie vom Erdboden verschluckt ist auch Francesco Schettino, der ehemalige Kapitän des Schiffes. Im Mai bestätigte ein italienisches Berufungsgericht seine Verurteilung zu 16 Jahren und einem Monat Haft wegen fahrlässiger Tötung, Schiffbruchs und vorzeitigen Verlassens des Schiffs. Fünf Mitverantwortliche wurden 2013 im Schnellverfahren zu geringen Haftstrafen verurteilt.

Wie sein Anwalt Saverio Senese berichtet, hält sich der 56-Jährige in seinem Wohnort Meta di Sorrento südlich von Neapel auf. Der Ex-Kapitän hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Erst wenn diese vom Obersten Gerichtshof in Rom abgelehnt werden sollte und das Urteil damit rechtskräftig wird, müsste Schettino ins Gefängnis. Am 20. April soll die Entscheidung darüber fallen.

Den Fernseher schalte Schettino nicht mehr ein

Er habe ihn lange nicht gesehen, erzählt ein Mitarbeiter eines Tauchgeschäfts, das gegenüber der Wohnung Schettinos in Meta liegt. Schettino ist kürzlich umgezogen. „Wir sprechen nicht sehr viel über ihn“, sagt der Mann über die Stimmung im Ort. Anwohner haben den Ex-Kapitän zuletzt in der Nähe seiner Wohnung gesichtet, wo er manchmal mit seiner tibetanischen Dogge spazieren geht. Schettino trägt inzwischen Vollbart. Er verbringe viel Zeit zu Hause am Computer und beim Musikhören, sagen Leute, die ihn kennen.

Den Fernseher schalte Schettino nicht mehr ein. Zu groß ist ihm offenbar das Risiko, auf Berichte auch über seine eigene Geschichte zu stoßen, die in diesen Tagen gezeigt werden. Schettino wurde von Medien als „Kapitän Feigling“ bezeichnet, weil er noch während der Evakuierung des Schiffs von Bord ging und dies zeitweise damit rechtfertigte, er sei in eines der Rettungsboote gefallen.

Die Staatsanwaltschaft bezeichnete ihn als „unvorsichtigen Idioten“, für die Gerichte war seine Schuld für das waghalsige Manöver vor Giglio erwiesen. Schettino selbst hält sich für das Opfer einer Medienkampagne.

Die „Costa Concordia“ fuhr offenbar deshalb so nah an die Küste, um einem ehemaligen Kapitän auf Giglio die Ehre zu erweisen. Wie Schettino behauptete, seien solche Manöver auch von der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere zu Werbezwecken gewünscht gewesen. Bei der Navigation rammte das Schiff einen Felsen und lief leck.

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