"Zunehmende Respektlosigkeit" Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte nimmt deutlich zu

Berlin · Sie werden geschlagen, bespuckt oder mit Böllern beworfen. Immer häufiger lassen Bürger ihren Frust an Polizisten aus. Woran das liegt, ist noch nicht hinreichend erforscht.

Polizisten werden im Einsatz immer häufiger brutal angegriffen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, stieg die Zahl der Gewaltdelikte gegen "Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen" innerhalb von vier Jahren um 22 Prozent.

2017 wurden bundesweit 4527 von ihnen Opfer von Gewaltdelikten, wie die Antwort zeigt, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Im Jahr 2013 waren 3710 Einsatzkräfte attackiert worden.

Nicht enthalten in dieser Statistik sind Rettungskräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste. Laut Bundeskriminalamt waren im Jahr 2014 bundesweit 222 Rettungskräfte attackiert worden. In den darauffolgenden Jahren waren jeweils rund 280 ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter von Rettungsdiensten betroffen. Im Frühjahr 2017 hatte der Bundestag einen neuen Straftatbestand beschlossen, der ihrem Schutz dienen soll.

Auch Fälle von einfacher Körperverletzung gegen Polizisten bildet die Statistik nicht ab. Denn diese liegen unterhalb der Schwelle von Straftaten, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) als "Gewaltdelikte" erfasst werden. Jeweils zwischen 41 Prozent und 49 Prozent derjenigen, die in den vergangenen Jahren auf Einsatzkräfte losgingen, standen unter Alkoholeinfluss.

Der Anteil weiblicher Tatverdächtiger nahm zuletzt leicht zu. Er lag 2017 bei rund 13 Prozent. Bei "Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte" zeigte die PKS im vergangenen Jahr einen Anstieg von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr für nichtdeutsche Tatverdächtige, bei deutschen Tatverdächtigen verzeichnete die Polizei einen Rückgang um 1,8 Prozent.

Ein Grund für die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte ist nach Ansicht des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, eine "zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Menschen in Uniform und Mitarbeitern von Rettungsdiensten". Im Alltag erlebten seine Kollegen oft: "Ich frage nach dem Ausweis, und ich bekomme die Faust".

Gegen Einsatzkräfte der Bundespolizei wurden im vergangenen Jahr elf Mal Hieb- und Stichwaffen eingesetzt. "Wir haben auch einen Anstieg von Fehlzeiten im Dienst als Folge von schwerer Körperverletzung", sagte Radek.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser sagte: "Erschreckend ist auch, mit welcher Brutalität gegen unsere Sicherheitskräfte vorgegangen wird, wenn Hieb- und Stichwaffen, Reizstoffe, Brand- und Pyrotechnik oder sogar Kraftfahrzeuge als Tatwaffen eingesetzt werden." Strategien im Umgang mit solchen Konfliktsituationen müssten in der Ausbildung ausreichend berücksichtigt werden. Die Innenminister von Bund und Ländern müssten alle Möglichkeiten ergreifen, um zum Beispiel die Feuerwehr oder das THW wirksam zu schützen.

Seit Mai 2017 werden Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte härter bestraft. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) geht das aber nicht weit genug. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Dabei dürfen wir allerdings nicht stehen bleiben: Statt einer Mindeststrafe von drei Monaten halte ich eine solche von sechs Monaten für tätliche Angriffe für angemessen." Wer sich Tag und Nacht für die Sicherheit der Bürger einsetze, müsse konsequent gegen gewalttätige Übergriffe geschützt werden.

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