Schönheit und Mode Gesund auf den Laufsteg

Paris · In Frankreich ist das „Mannequin-Gesetz“ in Kraft. Jetzt muss es bei einem ersten Defilee in Paris seine Wirksamkeit beweisen. Dass es einen gesellschaftlichen Wandel bewirkt, bezweifeln manche Experten.

„Vielen Dank für Ihr Interesse, aber Valentino möchte sich dazu nicht äußern.“ Mit dieser E-Mail gehört Valentino zu den wenigen Modehäusern, die auf die Anfrage zu einem Thema reagieren, das in der Branche unbeliebt ist. Vor wenigen Wochen sind in Frankreich zwei Dekrete des „Mannequin-Gesetzes“ in Kraft getreten, mit dem der Staat gegen exzessive Magerkeit von Models vorgehen will.

Zum einen müssen Mannequins auf französischen Laufstegen künftig eine medizinische Bescheinigung vorweisen, die ihre gute Gesundheit, gerade mit Blick auf ihren Body Mass Index (BMI), bestätigt – gültig bleibt es zwei Jahre. Ein Mindest-BMI ist nicht vorgesehen. Die Pariser Haute-Couture-Schauen Anfang Juli werden die ersten betroffenen Defilees sein.

Magersucht soll bei jungen Leuten vorgebeugt werden

Zum anderen ist es ab Oktober Pflicht, bei der Veröffentlichung von Werbefotos anzugeben, wenn diese retuschiert wurden, um die Silhouette des Models zu verschlanken. In dem Gesetzestext heißt es, die Regeln „zielen darauf ab, auf das Bild des Körpers in der Gesellschaft einzuwirken, um die Bewerbung von unerreichbaren Schönheitsidealen zu vermeiden und Magersucht bei jungen Leuten vorzubeugen“. Er sei sehr zufrieden mit diesem Gesetz, sagte der französische Abgeordnete Olivier Véran: „Ich glaube, dass es zu einem Mentalitätswandel führen wird.“

Kann es das? „Für uns ändert das nichts, und die Casting-Agenturen, mit denen wir arbeiten, halten sich natürlich an die Vorgaben“, sagt Cédric Edon vom Modehaus Schiaparelli. „Unsere Models sind meistens volljährig oder in Einzelfällen minderjährig mit der Erlaubnis der Eltern. Sie sind vom Typ her bereits sehr schlank und treiben Sport. Wir setzen auf einen gesunden Look.“ Auch auf Vielfalt achte man, um nicht eine „Armee aus Klonen“ über den Laufsteg marschieren zu lassen. Andere Häuser würden dafür kritisiert, extrem junge und dünne Models anzustellen. „Deshalb ist das Gesetz eine gute Sache, absolut.“

Ähnlich fällt die Reaktion bei Chanel aus: Man sei „äußerst umsichtig, wenn es um die Beachtung von gesetzlichen Vorgaben geht“, erklärt Pressesprecherin Sylvie Thost. Die Agentur „Elite Model“ versichert ebenfalls, sich an gültiges Recht zu halten. „Wir wenden es an, Punkt“, sagt PR-Managerin Rita Camelli.

Models oft noch Teenager

Wird sich etwas ändern? Barbara Markert glaubt das nicht. Für die in Paris lebende Deutsche, die mit zwei Kolleginnen den Mode-Blog „Modepilot.de“ betreibt, geht die Diskussion am Problem vorbei. Das sieht sie im Alter der Mannequins: „Diese werden immer jünger, weil oft nur Teenager den erforderlichen super-schmalen Hüftumfang haben, um in die Entwürfe zu passen.“

Die Pflicht, retuschierte Fotos zu kennzeichnen, hält Markert für eine gute Idee – doch sie betrifft nicht Mode-Blogs oder Instagram-Konten junger Frauen, die als „Influencer“ immer wichtiger werden. Sie könnten in Zukunft sogar eine größere Rolle spielen als Defilees. Das Gesetz ginge ins Leere.

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Kommentar zum "Mannequin-Gesetz" Modesünde