Pestizid Amitraz Fipronil-Skandal: Weiterer Giftstoff in Desinfektionslösung

Berlin/Brüssel · Neue Entwicklung im Fipronil-Skandal: Bei einer Analyse der Desinfektionslösung "Dega 16" wurde auch Amitraz entdeckt - ein Pestizid, das in Geflügelställen nicht vorkommen darf.

 Das in Millionen verseuchten Eiern gefundene Insektizid Fipronil wurde auch in deutschen Legehennen-Betrieben als Reinigungsmittel genutzt.

Das in Millionen verseuchten Eiern gefundene Insektizid Fipronil wurde auch in deutschen Legehennen-Betrieben als Reinigungsmittel genutzt.

Foto: Julian Stratenschulte

Der Skandal um mit dem Gift Fipronil belastete Eier könnte sich ausweiten. Bei einer Analyse der Desinfektionslösung "Dega 16", die als Auslöser des Skandals gilt, ist in Belgien auch das Pestizid Amitraz entdeckt worden.

Das erklärte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Freitag auf Anfrage. Zuvor hatte der "Spiegel" über die Untersuchungsergebnisse berichtet.

Belgische Behörden hätten bei der Untersuchung von sichergestellten "Dega 16"-Kanistern Spuren des Giftstoffs gefunden, zitiert das Nachrichtenmagazin aus einem vertraulichen Bericht, der über das europäische Schnellwarnsystem RASFF verbreitet wurde. Laut "Spiegel" soll Belgien den Fund bereits im Juli über dieses Lebensmittel-Warnsystem an die übrigen EU-Staaten übermittelt haben. Amitraz wird unter anderem in der Tiermedizin gegen Milben und Insekten eingesetzt. Biozide mit Amitraz sind in der EU verboten.

Hinter dem Fipronil-Skandal steckt aus Sicht von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kriminelle Energie. Der Einsatz des Pestizids in Hühnerställen sei "kriminell", sagte er am Freitag im niedersächsischen Verden. Eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher schloss er jedoch aus. "Gott sei Dank, kann ich Entwarnung geben: Es gibt keine Gesundheitsgefährdung für den Verbraucher."

Erstmals wurde am Freitag das Insektizid Fipronil in einer Ei-Probe aus Hamburg nachgewiesen, auch in Baden-Württemberg ließ sich der Stoff erstmals in Eiern nachweisen. In beiden Fällen teilten die zuständigen Ämter mit, dass keine Gesundheitsgefahr von den Eiern ausgehe. Bis dahin war Fipronil deutschlandweit in fünf Betrieben nachgewiesen worden, vier davon in Niedersachsen. EU-weit waren bis Freitag 18 Länder betroffen. Doch auch in Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz, dem Libanon und Hongkong fanden sich kontaminierte Eier.

Schmidt betonte, der Skandal tauge nicht zum Wahlkampfthema. Er ist als Bundeslandwirtschaftsminister für das Thema zuständig, Lebensmittelüberwachung dagegen ist Sache der Bundesländer. "Sachlich und ruhig" müssten Lehren gezogen werden, um den Austausch von Informationen in Europa in Zukunft zu verbessern, sagte der CSU-Politiker. Zuletzt hatte das Bundesagrarministerium die Zahl von 10,7 Millionen möglicherweise mit Fipronil belasteten Eiern genannt, während der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) allein für sein Bundesland von 35,3 Millionen sprach.

In den Niederlanden, das mit mindestens 180 betroffenen Betrieben, von denen derzeit noch rund 140 geschlossen sind, im Zentrum des Lebensmittelskandals steht, unterbricht das Parlament seine Sommerpause für eine Sonderdebatte. Dabei sollen die Gesundheitsministerin und der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums Rede und Antwort stehen. Die Debatte soll in der kommenden Woche stattfinden.

Klärungsbedarf sieht auch die Europäische Union. Das Thema soll nun beim EU-Agrarministertreffen am 5. September eine Rolle spielen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die estnische Ratspräsidentschaft die Tagesordnung für die Beratungen der Agrarminister am 5. September entsprechend geändert.

Nach den bisherigen Ermittlungen gelangte Fipronil in Eier, weil es unerlaubterweise zur Reinigung von Ställen eingesetzt wurde. Das Mittel kommt unter anderem als Insektengift, Pflanzenschutzmittel sowie in der Veterinärmedizin zum Einsatz.

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