Hochzeit in Syrien FBI-Mitarbeiterin heiratete IS-Terroristen Denis Cuspert

Washington · Von einer „Liebesfalle“ für den deutschen Ex-Rapper Deso Dogg, mittlerweile Terrorist des sogenannten Islamischen Staates, war 2015 die Rede. Doch eine Falle hatte die FBI-Mitarbeiterin Daniela Greene wohl kaum gestellt. Vielmehr, so legen Gerichtsakten nahe, erlag die Frau dem Reiz von Denis Cuspert.

 Im Dienste der Terrormiliz IS: Denis Cuspert alias Deso Dogg soll getötet worden sein.

Im Dienste der Terrormiliz IS: Denis Cuspert alias Deso Dogg soll getötet worden sein.

Foto: picture alliance / dpa

„Agentin heiratet deutschen ISIS-Terroristen“. Unterzeile: „Deso Dogg fällt auf Liebesfalle des FBI rein.“ Die Geschichte, mit der die „Bild am Sonntag“ im Februar 2015 aufwartete, hatte das Zeug zum Krimi. Unter Berufung auf amerikanische und deutsche Geheimdienstquellen berichtete das Blatt von einer US-Undercoveragentin, die gegen den aus Berlin stammenden Gangsta-Rapper Denis Cuspert (Deso Dogg) eingesetzt worden sei.

Um den zum IS-Terroristen „Abu Talha al-Almani“ konvertierten Sohn deutsch-ghanaischer Eltern auszukundschaften, habe die Spionin Cuspert, Vater mehrerer Kinder von verschiedenen Frauen, in eine „Liebesfalle“ gelockt. Die „Romeo-und-Julia-Aktion“ sei „planmäßig“ verlaufen. Als die Agentin um ihr Leben gefürchtet habe, sei sie über den Umweg Türkei wieder in die USA zurückgekehrt und habe über den Dschihadisten ausgepackt. Auftrag erfüllt. Ende der Geschichte.

Nicht wirklich. Wie bisher unter Verschluss gehaltene Gerichtsunterlagen aus den USA nahelegen, die zuerst vom TV-Sender CNN ausgewertet wurden, könnte die Saga von der „Honigfalle“ eine Räuberpistole gewesen sein, mit der US-Geheimdienste grobes Versagen in den eigenen Reihen kaschieren wollten.

Tatsache ist nach Aktenlage: Daniela „Dani“ Greene, eine frühere Übersetzerin im Dienste des FBI, hat in der Tat Cuspert im Sommer 2014 geheiratet. Aber nicht als „Auftragsarbeit“, sondern offenbar aus freien Stücken. Die 38-Jährige saß unter anderem dafür unter strenger Geheimhaltung zwei Jahre lang im Gefängnis. Sie steht bis 2019 unter Bewährungsbeobachtung, muss Sozialdienst absolvieren und sich psychiatrisch behandeln lassen.

Und das kam so: Anfang 2014 ist die in Deutschland aufgewachsene Frau bereits drei Jahre für das FBI als Linguistin tätig. Sie erhält über das FBI-Büro in Detroit einen Spezialauftrag: Denis Mamadou Gerhard Cuspert, kurz Deso Dogg, ausbaldowern.

Über drei verschiedene Skype-Zugänge, so wird es später FBI-Agent Keith Gallagher unter Eid bezeugen, kommuniziert sie mit dem Salafisten, der sich in Videos als Leichenschänder im Auftrag des IS betätigt und gerade in Europa als zentrales Werkzeug zur Nachwuchsrekrutierung für das Terror-Kalifat gilt. Dabei soll es zwischenmenschlich „gefunkt“ haben.

Im Juni 2014 beantragt Greene eine Auslandsreise. Weil sie über die höchste Sicherheitsstufe verfügt, muss sie sich exakt erklären. Sie will ihre Eltern in München besuchen, sagt sie. Der Trip wird genehmigt. Stattdessen fliegt sie aus den USA nach Istanbul. Von dort geht es in die türkisch-syrische Grenzstadt Gaziantep. Hier wird sie von Cuspert in Empfang genommen, heiratet ihn und lebt etwa 30 Tage mit dem deutschen Gesicht des IS in Syrien zusammen.

Noch vor Ort, so sollen es in den Klageschriften zitierte E-Mails von Greene an eine anonymisierte Person in den USA nahelegen, dämmert ihr der Fehltritt: „Ich war schwach und wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Ich habe echt viel Mist gebaut.“ Die studierte Historikerin rechnet mit einer „langen Gefängnisstrafe“, sollte sie jemals wieder nach Hause kommen.

Auf welchen Wegen ihr das gelang, ist aus den oft geschwärzten Gerichtsdokumenten nicht zu entnehmen. Greene wurde am 8. August festgenommen. Der Prozess endet im Dezember 2014 im Vergleich zu anderen IS-Fällen in Amerika glimpflich: zwei Jahre Haft. Heute arbeitet Greene an einem geheim gehaltenen Ort in den USA in einem Hotel.

Im Sommer 2016 kam Greene auf freien Fuß. Unmittelbar zuvor mussten US-Stellen die Meldung korrigieren, dass Denis Cuspert bei einem Luftangriff getötet worden sei. „Sicherheitsschwachstellen“ beim FBI jedenfalls, so ein Sprecher, seien „identifiziert“ und „reduziert“ worden.

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