Vier verschiedene Täter-Typen Experten berichten über Stalking

Rhein-Sieg-Kreis · Ganz unterschiedliche Charaktere üben Stalking aus. Grundsätzlich unterscheidet man vier verschiedene Typen. Zum Schutz der Opfer hat die Bundesregierung das Gesetz verschärft.

Das Fehlen eines deutschen Begriffs für Stalking spiegelt den Grad der Wahrnehmung des Problems in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wider. Eine spezielle Einheit (Task Force) zur Bekämpfung von Stalking existiert beim Los Angeles Police Department (LAPD) schon seit 1990. Der deutschen Polizei darf man dies nicht vorwerfen. Denn sie ist für die Bekämpfung von Kriminalität, für die Abwehr und Ermittlung von Straftätern zuständig. Solange aber Stalking in Deutschland keine Straftat im juristischen Sinne war, waren den Ermittlern die Hände gebunden.

Experten der Polizeigewerkschaft, aber auch der Opferhilfeverein Weißer Ring sowie zahlreiche Frauenverbände hatten dies jahrelang kritisiert: Es sei nicht zu verstehen, dass ein Ladendieb mehr zu befürchten habe als ein Stalker. Hausfriedensbruch, Nötigung, Körperverletzung, Vergewaltigung, Mord: In der Regel musste erst Schlimmeres passieren, bevor die Polizei eingreifen durfte.

"Beharrliche Nachstellung" wird zum Tatbestand

Dies hat der Bundestag nach langen Jahren des Zauderns des Bundesjustizministeriums geändert und den gesetzlosen Zustand im März 2007 beendet: Das Strafgesetzbuch wurde um den Paragrafen 238 („beharrliche Nachstellung“) erweitert, der, je nach Schwere des Delikts, einen Sanktionskatalog von der Geldstrafe bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug vorsieht.

Zudem hat das Parlament die Strafprozessordnung korrigiert: In Paragraf 112a wurde der Haftgrund der Wiederholungsgefahr so ergänzt, dass in besonderen Fällen gefährliche Stalker schon vor einer Verurteilung in Haft genommen werden können, um zu erwartende „schwere Straftaten gegen Leib und Leben“ zu verhindern.

Zu tun hat die große Mehrheit der Opfer es mit aggressiven Ex-Partnern, die sich weigern, die vom Opfer vollzogene Trennung zu akzeptieren, oder, im schlimmsten Fall, mit wahnhaft fixierten und/oder sadistischen Stalkern, die ihre Opfer eher zufällig auswählen.

Experten unterscheiden vier Tätertypen

Verliebte Belästiger suchen sich prominente Opfer. In ihrem Alltagsleben sind sie häufig sozial inkompetent und extrem kontaktscheu. Eine frühe Intervention verspricht relativ oft Erfolg. Das Motiv ihres Handelns ist auf die Zukunft ausgerichtet.

Frustrierte Ex-Partner stellen die größte Tätergruppe (mehr als 50 Prozent). Sie sind aufgrund ihrer Rachsucht häufig gewalttätig und weniger leicht durch eine Intervention zu beeinflussen. Ihr Motiv ist von der Vergangenheit geprägt.

Wahnhaft fixierte Stalkersind entweder vergleichsweise harmlos oder aber sehr gefährlich. Dazwischen existiert nichts. Häufig ist bei ihnen Schizophrenie oder ein Borderline-Syndrom anzutreffen.

Sadistische Stalker: Dieser Tätertypus handelt kühl und kalkulierend und verfügt über eine hohe kriminelle Energie. Das Motiv wird von der Gegenwart genährt. Sein Verhalten ist kaum vorhersehbar, dieser Typus kennt weder schlechtes Gewissen noch Empathie oder Reue. Sadistische Stalker sind amoralisch, asozial, arrogant, manipulativ, parasitär, besessen vom Ziel. Am Anfang ist der sadistische Stalker kaum vom verliebten Belästiger zu unterscheiden. Um mit dem Opfer in Kontakt zu treten, zeigt er sich zunächst oft hilfsbereit und kaschiert seine Kontaktaufnahme als „gute Tat“.

Dann steigert er sich. Er geht subtil vor, hinterlässt Zeichen, die oft nur das Opfer deuten kann. Körperliche Gewalt hat er nicht nötig, und wenn, wendet er sie kalkuliert an, um seine Allmacht zu demonstrieren. Er ist der Stalkertyp, der am schwersten zu fassen ist, weil er stets sorgsam darauf achtet, keine juristisch belastbaren Beweise zu hinterlassen.

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