Gärtnern in der Stadt Erdbeeren aus einem Pariser Dachgarten

Paris · Der Biologe Yohan Hubert versucht, das Gärtnern zurück in die Stadt zu bringen. Auf dem Dach des Luxuskaufhauses Galeries Lafayette leistet er Pionierarbeit.

 Der Biologe Yohan Hubert rief das Projekt der Dachgärten in Paris ins Leben.

Der Biologe Yohan Hubert rief das Projekt der Dachgärten in Paris ins Leben.

Foto: Hughes

Diese Erdbeere schmeckt nicht wie eine Großstadtfrucht. Süß und intensiv ist ihr Aroma, als sei sie auf einem Feld irgendwo in Südfrankreich gewachsen. „Auf den ersten Blick erscheint das zwar erstaunlich – aber die Früchte haben hier ideale Bedingungen“, sagt der Biologe Yohan Hubert. In luftiger Höhe im Herzen von Paris wachsen sie, auch wenn die französische Metropole nicht gerade für reine Luft und Biodiversität bekannt ist.

Seit zwei Jahren baut Hubert über sein Start-up-Unternehmen „Sous Les Fraises“ („Unter den Erdbeeren“) auf dem elften und letzten Stock des Kaufhauses Galeries Lafayette einen vertikal angelegten Garten Früchte und Gemüse an. Besuchern bleibt der Zugang verwehrt, doch sind die Beeren, Cocktailtomaten, aromatischen Gräser und essbaren Blumen von der Dachterrasse aus sichtbar, die eine schöne Sicht auf Paris bietet.

Mehr als 21 000 Pflanzen und rund 450 Sorten wachsen und gedeihen auf dem Dachgarten dank eines Systems aus Hanf und Baumwolle, das rein biologisch ist und ohne Chemieprodukte auskommt. „Das Grundprinzip besteht darin, Mikroorganismen zu ziehen, die wiederum die Pflanzen ernähren“, erklärt Hubert. Der Ertrag liegt pro Jahr bei 1,2 Tonnen Erdbeeren, 84 Kilo Himbeeren und 680 Kilo Tomaten. Ein Imker kümmert sich um die Bienenstöcke, die hier ebenfalls angesiedelt sind, damit die Pflanzen ausreichend bestäubt werden. Ist das alles ein Werbegag des berühmten Kaufhauses, um ein grünes Gesicht zu zeigen, wie es gerade so im Trend ist? „Lange haben wir unsere Arbeit überhaupt nicht kommuniziert“, erwidert Yohan Hubert.

„Es geht nicht um Greenwashing, sondern es handelt sich um ein Projekt, bei dem wirklich etwas herauskommt und das sehr viel Potenzial mitbringt.“ Seit 20 Jahren arbeite er an der Entwicklung einer Technologie, die erlaubt, Dächer in Metropolen für den Pflanzenanbau nutzbar zu machen – jetzt fühlt sich der 40-Jährige kurz vor dem Durchbruch. „In Paris haben wir innerhalb kurzer Zeit insgesamt 9000 Quadratmeter an verschiedenen Stellen bepflanzt. Und das ist erst der Anfang. Man ruft uns aus der ganzen Welt an, aus New York, Dubai und Montreal. Die Leute haben verstanden, dass das zukunftsträchtige Projekte sind.“

Vor zwei Jahren antwortete er in Zusammenarbeit mit Architekten und Stadtplanern auf eine Projektausschreibung zur „innovativen Dachbegrünung“ in Paris. Die französische Hauptstadt betreibt im Kampf um mehr Nachhaltigkeit mehrere Initiativen und ließ Bienenstöcke auf Gebäuden wie der alten Oper und dem Museumskomplex Grand Palais ansiedeln.

Huberts Projekt finanziert sich dank Partnerschaften: Seine Abnehmer sind drei Spitzenköche aus Paris, die „der Geschmack der Produkte überzeugte“, wie er sagt; außerdem das Start-up „La Confiture Parisienne“, das das Dach der Galeries Lafayette angemietet hat. Zwei junge Frauen, Nadège Gaultier und Laura Goninent, haben im vergangenen Jahr die Marke für Luxuskonfitüre gegründet und bedienen sich unter anderem beim Früchtegarten des Kaufhausdaches. Denn diese Früchte seien von herausragender Qualität, sagen die beiden Pariserinnen: „Die Beeren und Pflanzen bekommen sehr viel Sonne und werden nicht mit chemischen Produkten behandelt.“

Dafür haben sie ihren Preis – das gilt auch für die „Pariser Konfitüre“: Ein 250-Gramm-Glas kostet 15 Euro. Verkauft wird sie nur in ausgewählten Feinkostläden – nicht jedermann kommt in den Genuss der Luxus-Erdbeeren von Paris.

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