Prozesse Entführung von Anneli laut Anklage lange geplant

Dresden · Wochenlang soll einer der mutmaßlichen Täter die Unternehmerfamilie beobachtet haben, bevor er zuschlug und die 17-Jährige entführte. Vor Gericht bleibt der 40-Jährige stumm, von Reue keine Spur.

 Eine brennende Kerze erinnert an den Tod der Schülerin.

Eine brennende Kerze erinnert an den Tod der Schülerin.

Foto: Arno Burgi/Archiv

Einer der mutmaßlichen Entführer der getöteten 17-jährigen Anneli-Marie hat die Tat laut Anklage lange geplant. Er habe seine finanzielle Situation mit Erpressung aufbessern wollen, sagte Oberstaatsanwältin Karin Dietze zum Prozessauftakt am Dresdner Landgericht.

Sie beschuldigte den 40-Jährigen, die Schülerin im August 2015 entführt und getötet zu haben. Einem Komplizen wirft die Anklage erpresserischen Menschenraub mit Todesfolge vor.

Die Männer sollen die Tochter eines Unternehmers am Abend des 13. August 2015 im sächsischen Klipphausen verschleppt und vom Vater 1,2 Millionen Euro Lösegeld gefordert haben. Die Übergabe scheiterte aber. Der 40-Jährige tötete die Gymnasiastin laut Anklage am nächsten Tag "zur Verdeckung einer anderen Straftat". Bereits Wochen zuvor habe er die Familie auskundschaftet und dann einen Freund als Komplizen gewonnen, sagte Dietze.

Der gelernte Koch, der mit Basecap im Gerichtssaal erschien und keine Angaben machte, hatte sich der Anklage zufolge Kabelbinder zum Fesseln besorgt. Er wusste demnach, wo Anneli-Marie allabendlich mit dem Hund Gassi ging. Am 13. August sei er auf dem Feldweg in der Nähe ihres Elternhauses auf die Jugendliche zugesprungen. Als ein Betäubungsversuch scheiterte, "zerrte er das Mädchen in den Kofferraum und fesselte ihr Hände und Füße", sagte Dietze. Das Mädchen wehrte sich, doch der Mann habe es auf dem Rücksitz festgehalten.

Nachdem der Hauptangeklagte Anneli-Maries Vater mit ihrem Handy angerufen und seine Forderung mit Drohungen unterlegt hatte, fuhren die Männer mit der Schülerin erst zu einer Talsperre. Dort warfen sie ihr Handy ins Wasser. Für den Angeklagten habe da festgestanden, "dass Anneli-Marie im Falle des Überlebens die Täter wiedererkennen würde und den Entschluss gefasst, sie zu töten".

Nur wenige Stunden später, im Schuppen eines Hofs, habe er dem an einen Stuhl gefesselten Opfer eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, ihm zusätzlich Kabelbinder und Spanngurt um den Hals gelegt, "und festgezogen". Erst nach fünf Tagen Suche waren die Leiche des Mädchens gefunden und die Tatverdächtigen verhaftet worden.

Die Eltern und die ältere Schwester von Anneli-Marie verfolgten die Anklageverlesung wie erstarrt, aber gefasst. Sie sind Nebenkläger im Prozess und sollten am Nachmittag als erste von insgesamt 21 Zeugen vernommen werden.

Während der Mitangeklagte ausführlich über sein Leben Auskunft gab, aber nichts zur Sache sagte, saß der mutmaßliche Haupttäter reglos auf der Anklagebank. Ein Gutachten hatte seine Verhandlungsfähigkeit bestätigt. Für den Prozess hat das Landgericht Dresden zunächst 15 Verhandlungstage bis Ende August geplant.

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