Schultresor geknackt Einbruch hat Auswirkungen auf Mathe-Abi in halb Deutschland

Hannover · Sie hatten es vermutlich nur auf Bargeld abgesehen. Doch ein Einbruch von Kriminellen ins Goslarer Ratsgymnasium hat Konsequenzen für Zehntausende Abiturienten in halb Deutschland. Es geht um die Mathe-Klausuren.

 Abiturprüfung in Hannover: Weil ein Schultresor mit Abitur-Aufgaben geknackt worden war, mussten in 8 von 16 Bundesländern neue Prüfungsthemen her.

Abiturprüfung in Hannover: Weil ein Schultresor mit Abitur-Aufgaben geknackt worden war, mussten in 8 von 16 Bundesländern neue Prüfungsthemen her.

Foto: Holger Hollemann

Im Schultresor des Ratsgymnasium im niedersächsischen Goslar liegt das eine oder andere Wertstück. "Zum Beispiel eine silberne Flöte", sagt Schulleiter Hans-Peter Dreß.

Auf das kostbare Instrument hatten es die unbekannten Täter allerdings nicht abgesehen, als sie am Wochenende in das Schulgebäude eindrangen, die Räume durchstöberten und den Safe knackten. "Die waren offenbar nur auf Bargeld aus", sagt der Oberstudiendirektor.

Der Verlust von Geld ist ärgerlich für die Schule. Für Schlagzeilen hätte das Gymnasium in der alten Kaiserstadt am Harz, wo schon Sigmar Gabriel sein Abitur ablegte, damit aber kaum sorgen können. Die bekam es, weil im Schultresor noch etwas anderes lag: die landesweit einheitlichen Aufgaben für das schriftliche Mathe-Abitur, das am Mittwoch fast überall in Deutschland geschrieben wurde.

Als der Einbruch nach dem Wochenende am Montag entdeckt und gemeldet wurde, schrillten jedenfalls im niedersächsischen Kultusministerium die Alarmglocken. Die Aufgaben waren zwar nicht gestohlen worden. Dennoch alarmierte das Ministerium alle anderen Bundesländer und tauschte selbst in einer Blitzaktion alle Prüfungsaufgaben aus. Denn ein Missbrauch - etwa durch das Verbreiten abfotografierter Aufgaben - sei nicht auszuschließen, sagte ein Sprecher.

Da die Prüfungsfragen aus einem Aufgabenpool des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen stammten, aus dem sich Niedersachsen und viele andere Bundesländer bedienen, war auch andernorts Schnelligkeit angesagt. 8 von 16 Bundesländern waren betroffen, in Mecklenburg-Vorpommern etwa konnten die Abiturienten an der Berufsschule für Wirtschaft und Verwaltung in Neubrandenburg ihre Klausuren nur mit Verzögerungen starten, bekamen die Zeit aber hintenangehängt.

Ähnlich war es in Bayern, Sachsen, Brandenburg, Baden-Württemberg, Bremen und im Saarland. Dort mussten die Gymnasien am frühen Mittwochmorgen Ersatzaufgaben für ihre Mathe-Abiturienten aus dem Netz herunterladen und kopieren. Die aufwendige elektronische Übermittlung der Abi-Aufgaben mit PIN und Passwörtern orientiert sich am Datenverkehr der Banken - sie werden den Schulen erst zum spätestmöglichen Augenblick übermittelt, um Missbrauch zu vermeiden.

"Wir sind auf solche Notfälle vorbereitet, in allen Fächern", sagt der zuständige Referent des niedersächsischen Kultusministeriums, Andreas Stein. Deshalb hätten die Mathe-Klausuren, die alleine in Niedersachsen von 20.000 Schülerinnen und Schülern an rund 400 Schulen bewältigt werden mussten, ordnungsgemäß begonnen, vereinzelt aber mit Verspätung. Dasselbe wurde aus anderen Ländern gemeldet, die Aufgaben kurzfristig austauschen mussten.

Bundesländer wie Hamburg, Hessen und Berlin waren nicht betroffen, weil sie andere Mathe-Aufgaben für ihre Abiturienten hatten.

Dass ein solcher Notfallplan nach einem Einbruch in eine Schule aktiviert werden musste, kam laut Kultusministerium in Hannover bereits zum zweiten Mal vor. Auch beim ersten Fall 2017 in einem Gymnasium seien die Safeknacker in erster Linie auf der Suche nach Wertsachen und nicht nach Prüfungsaufgaben gewesen.

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