Wohnen in Frankreich Edouard Guyot ist mit 21 Jahren bereits Schlossherr

Fauchères · Edouard Guyot besitzt das sanierungsbedürftige Château de Vaux in der Champagne. Er hat wenig Geld, aber einen Plan.

 Mit langem Atem plant Edouard Guyot die Sanierung.

Mit langem Atem plant Edouard Guyot die Sanierung.

Foto: ga

Als Edouard Guyot das Tor zur Scheune seitlich des Schlosses öffnet, ist dort schon alles festlich-rustikal dekoriert für eine Hochzeit am Abend. Zwei Musiker sitzen in einer Ecke bei ihren Instrumenten und besprechen die Liste der Lieder, die sie spielen werden. „Störe ich?“, fragt Edouard Guyot. „Äh, naja, wer sind Sie denn?“, wollen die Männer wissen. „Der Besitzer“, antwortet Edouard. „Ah! Kommen Sie rein, klar!“ Erstaunen zeichnet sich auf den Gesichtern der Musiker ab. Der Eigentümer dieser riesigen Schlossanlage dürfte gerade einmal halb so alt sein wie sie, die wohl nicht von hier stammen – sonst hätten sie längst von Guyot gehört.

Also von jenem jungen Mann, der vor drei Jahren, mit gerade einmal 21, ein Unternehmen einging, das alle als wahnsinnig bezeichneten – die Bewohner der Gemeinde Fouchères in der Champagne-Region, seine Eltern, sogar Guyot selbst. Er erwarb damals das Château de Vaux aus dem 18. Jahrhundert mit rund 60 Hektar Grundstück. Seit 1938 war das historische Bauwerk unbewohnt und stand zuletzt zum Verkauf.

In einem „tristen Zustand“ habe er es vorgefunden, als es ihm ein Freund zeigte, erinnert sich Guyot: „Alle Räume waren völlig heruntergekommen, das Mobiliar gestohlen. Es regnete durch das Dach, Tauben hatten sich eingenistet.“ Und doch traf er seine Entscheidung sofort, das Schloss zu kaufen und zu neuem Leben zu erwecken. Eine Dauer von 30 Jahren und Kosten in Höhe von drei Millionen Euro setzte er für die Renovierungsarbeiten an: „Ja, ich weiß, dass es verrückt klingt.“

Bereits der Vater und auch der Onkel kauften ein Schloss

Ganz von ungefähr kommt Edouard Guyots Passion für alte Gemäuer nicht. Bereits sein Vater Jacques und sein Onkel Michel kauften mit Anfang 20 für einen symbolischen Franc ein Schloss, um es herzurichten. Beide erwarben seither weitere historische Bauwerke. In einem davon wuchs Édouard Guyot mit seinen vier Geschwistern auf. Drei von ihnen sind inzwischen selbst Schlossbesitzer. Die Erfahrungen seiner Kindheit und der Rat seiner Eltern halfen ihm, sagt Guyot. Und doch habe er sich fast allein abgemüht, einen Geschäftsplan zu erstellen und eine Bank zu überzeugen, ihm einen Kredit für den Kaufpreis von 500 000 Euro zu gewähren. „In unserer Familie hat man kein Geld, aber einen Plan“, sagt der 24-Jährige.

Inzwischen sind einige Räume zugänglich, die er mit alten Stücken möbliert und dekoriert hat; für das Bürozimmer erstand Guyot eine Büste des Präfekten Charlemagne Émile de Maupas, eines früheren Besitzers des Schlosses, der hier einige Jahre mit seiner Familie und bis zu 90 Angestellten lebte.

Das Leben ist zurück

Sich den damaligen Trubel vorzustellen, erfordert ein wenig Fantasie; und doch ist das Leben zurück im Château de Vaux, seit Guyot sich seiner annahm. Er wohnt selbst in einem kleinen Nebengebäude, hat die Scheune renovieren lassen, um dort Hochzeiten und Seminare auszurichten. Dies ist die eine Einnahmequelle; die andere besteht in der Öffnung des Schlosses für Besucher. Bei einem spielerischen Rundgang durch die begehbaren Teile, Kellerräume und Nebengebäude gilt es dabei, in die Haut des Privatdetektivs Eugène Francois Vidocq zu schlüpfen, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts die moderne Kriminalistik begründet hat. Vidocq wird vom Schlossbesitzer Maupas aus Paris geholt, um ihm beim Lösen eines kniffligen Falls zu helfen: Ein Angestellter hat eine Halskette von Königin Eugénie gestohlen, und anhand von Indizien müssen Besucher den Täter identifizieren. Faltblätter zu dem Detektivspiel gibt es in mehreren Sprachen, das quasi nebenbei das Schloss entdecken lässt.

Auf einer Wand hat Guyot Fotos vom Fortgang der Renovierung angebracht, um den Besuchern zu erklären, was mit ihrem Eintrittsgeld passiert. Von sich selbst hängte er keine Bilder auf; seine persönliche Geschichte eines jungen „Schlossherrn“ breitet er hier nicht aus. Es ist ein Ausdruck, der ihm nicht behagt: „Es war kein Selbstzweck, ein Schloss zu besitzen. Es hat sich ergeben. Das ist nun mein Weg.“ Und dieser Weg hat gerade erst begonnen.

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