Heldenhaftes mit Durchhängern Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat einen Roman geschrieben

Washington · "The Presiden is Missing", so lautet der Titel des Romans, den Bill Clinton geschrieben hat. Der frühere US-Präsident schreibt darin von einem Kampf zwischen Terroristen und FBI-Agenten.

Der leichte Verdruss fängt schon auf dem Buchrücken an: „The President is Missing“. Da denkt man doch mindestens an Entführung. Und heldenhafte Rettung. In Wahrheit aber ist Jonathan Lincoln Duncan – abgesehen von einer kühnen Undercover-Aktion, die ihn aus Weltrettungsgründen aus dem Weißen Haus führt – so gar nicht verschwunden. Sondern als omnipotenter Ich-Erzähler ständig präsent.

Warum Amerikas Alt-Präsident Bill Clinton bei seinem jetzt mit einer Startauflage von einer Million Exemplaren erschienenen Debüt als Romancier auf diesen Titel verfiel, erschließt sich auch nicht, wenn man dem Co-Autor des 71-Jährigen zuhört. Einerlei. James Patterson, Fließband-Erfolgsautor in der Sparte Thriller, hat dem Erstlingswerk von Potus Nr. 42 (President of the United States) wenigstens jene vorwärts treibende Dynamik verliehen, die die teilweise ermüdenden Längen und etwas durchhängenden Spannungsbögen leichter erträglich machen.

FBI gegen Terrorismus

Dabei ist der Stoff süffig und aktuell. Suliman Cindoruk, digital versierter Terrorschurke und Chef der „Söhne des Dschihads“, will Amerika mit einem Computervirus in die Knie zwingen. Und Duncan droht die Amtsenthebung. Das zerstörerische Dings namens „Dark Ages“ (finsteres Mittelalter) ist von einer attraktiven Separatistin entwickelt worden, deren Beschreibung sich ziemlich ölig liest: „strammer, agiler Körper“ und ein „unersättlicher Appetit auf Erforschung in der Welt des Cyberkriegs und des Schlafzimmers“. Apropos Frauen: Die interessantesten Charaktere des Buches (neben der Virus-Fachfrau, der Vizepräsidentin, der Direktorin des FBI, Duncans Leibärztin und einer klassische Musik liebenden Auftragskillerin namens „Bach“, die ihr Gewehr „Anna Magdalena“ nennt) sind weiblich und dominant. Was die zuweilen schablonenhaft geratenen Alt-Männer-Dialoge und Sinnsprüche in den für die spätere Verfilmung erfundenen Jagdszenen im Auto und im Helikopter nicht aufwiegt. Mal lässt Clinton seinen literarischen Möchtegern-Avatar sagen, dass „ein sicheres und stabiles Amerika ein sicheres und stabiles Israel bedeutet“. Mal entfahren seinem im Irak gefolterten Commander-in-Chief Weisheiten wie „Alles, was ich getan habe, diente dazu, mein Land zu schützen“ oder „Solange wir nicht tot sind, sind wir noch am Leben“.

Blick hinter die Kulissen

Während die Lektoren auch in der bei Droemer erschienenen deutschen Version (480 statt 518 Seiten) damit locken, dass Clinton seinen Lesern einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen der Macht gewährt, konnte der Rezensent der „Washington Post“ seinen Spott kaum verbergen: „The President is Missing“ enthalte so viele Geheimnisse über die innere Mechanik der amerikanischen Regierung, wie „Der rosarote Panther“ Intimes über das Wesen der französischen Administration verrate. Sprich: null. Stimmt.

Stattdessen gibt es am Ende eine präsidiale Rede, die im Hier und Jetzt auch ein echter (demokratischer) Präsident gehalten haben könnte: Über die Notwendigkeit einer Einwanderungs-Reform. Über eine ernsthafte Klimawandel-Debatte. Über vernünftige Waffengesetze. Und darüber, wie man Wahlen vor Manipulationen schützt.

Donald Trump kommt glücklicherweise an keiner Stelle explizit vor. Sein Ungeist ist aber permanent vorhanden, wenn Duncan die Seuche der Fake News anprangert oder über gute Regierungsführung sinniert. „Sich mit Kriechern und Stiefelleckern zu umgeben“, sagt der Präsident an einer Stelle, „ist die kürzeste Route zum Scheitern.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort