Rabatt statt Rabatz in Italien Brave Kinder zahlen in Restaurant weniger

Padua/Rom · Mit kleinen Kindern ins Restaurant - das ist oft purer Stress. Nicht nur für Eltern. Ein Wirt in Italien belohnt nun brave Kinder. Aber bringt das was?

 Essen mit kleinen Kindern kann im Restaurant schon mal Nerven kosten.

Essen mit kleinen Kindern kann im Restaurant schon mal Nerven kosten.

Foto: dpa

Essen mit kleinen Kindern kann zu Hause schon eine Herausforderung sein. Bei einem Besuch im Restaurant kann der Stresspegel noch steigen. Nicht nur schauen andere Gäste mit mahnenden Blicken auf ihrer Meinung nach erziehungstechnisch überforderte Eltern. Auch Kellner und Wirte sind entnervt. Antonio Ferrari kennt das Schauspiel allzu gut. Er führt ein schickes Restaurant im norditalienischen Padua. Tobende Kinder, genervte Eltern, lamentierende Gäste. Doch eines Tages passierte Folgendes: "Da saßen vier Erwachsene mit sechs Kindern zwischen vier und sechs Jahren und aßen stundenlang ganz in Ruhe." Keines der Kinder sei durch die Gegend gerannt, habe sich in Bad oder Küche versteckt, sei dem Kellner vor die Füße gesprungen oder habe mit Essen gespielt. Weil die Kinder so gut erzogen gewesen seien, habe er den Gästen fünf Prozent Rabatt gegeben: 13,05 Euro auf eine Rechnung von 261 Euro.

Den Bonus für brave Kinder bietet Ferrari nun weiter an. Seitdem steht sein Telefon nicht mehr still. Medien aus aller Welt interessieren sich dafür, wie man "Rowdy-Kids" in den Griff bekommt, erzählt er. Eine US-Talkshow lud sogleich Experten ein, um das Thema zu diskutieren. "Es haben sich auch Kritiker zu Wort gemeldet", sagt Ferrari, der selbst keine Kinder hat. "Ich glaube, dass es komplex ist, Kinder zu erziehen." Sein Konzept sei jedenfalls ein Erfolg. "Für Kinder und Eltern ist der Rabatt wie ein Spiel, eine Herausforderung, die es zu bestehen gilt."

Italien gilt für Deutsche gemeinhin als das Land der Kinderfreunde. Ein Klischee: Italien ist mittlerweile das Land mit einer der niedrigsten Geburtenraten in Europa. Wer dort mit Kindern ins Restaurant geht, sucht nach Spielecken oder Ähnlichem oft vergebens. In Deutschland hat sich dagegen viel getan. "Kinder sind die Gäste von morgen, die Familie hat Großkonjunktur", sagt Christopher Lück vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Hochstühle, Kindermenüs oder Malstifte gehörten in vielen Restaurants dazu - auch um anderen Gästen ein Essen in Ruhe zu ermöglichen. Aktionen wie die des Restaurants in Padua kenne er in Deutschland nicht. Das Konzept, dass man damit indirekt Fehlverhalten bestrafe, sei allerdings "zu hinterfragen".

"Viele Eltern können ihren Kindern keine Grenzen setzen, oder sie sind zu bequem dazu", sagt Elisabeth Bonneau, die mehrere Bücher über Tischmanieren geschrieben hat. So würden Vater und Mutter in der Öffentlichkeit plötzlich streng, tadelten und ermahnten die Kinder, aber zu Hause ließen sie ihnen Chaos am Tisch durchgehen. Ein Rabatt für Wohlerzogene sei da kein Mittel, so Bonneau: "Verhalten an Geld zu koppeln, ist keine Lösung." (dpa)

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