René Goscinny Ausstellung über den Vater von Asterix und Obelix

Paris · Das Pariser Museum für Kunst und Geschichte des Judentums widmet sich einem Mann, der als ein Vater von Asterix und Obelix weltberühmt wurde. Doch René Goscinny offenbart noch nahezu unbekannte Seiten.

 Begnadeter Zeichner und Texter: René Goscinny.

Begnadeter Zeichner und Texter: René Goscinny.

Foto: dpa

Er hatte diesen unverkennbar liebevollen Humor und ein Faible für skurrile Figuren. Früh vorhanden war auch René Goscinnys ironischer Blick auf die Welt und die Menschen, auf ihre Stärken und Schwächen. Schon als Jugendlicher und bevor er als Comic-Autor Asterix, Umpah-Pah und Lucky Luke erschuf, zeichnete er mit feinem Pinselstrich, erfand Geschichten, Figuren, Szenarien. Und das nicht nur, um die Leser zu amüsieren. Seine Parodien hielten ihnen auch einen Spiegel vor.

„René Goscinny jenseits des Lachens“ („René Goscinny au-delà du rire“) heißt deshalb die Ausstellung, die ihm das Pariser Museum für Kunst und Geschichte des Judentums anlässlich seines 40. Todestages widmet. Parallel zu einer weiteren Schau in der französischen Cinemathek skizziert diese Retrospektive Goscinnys Leben, Familiengeschichte und sein Werk. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den berühmtesten Helden Asterix und Obelix und der Zusammenarbeit mit deren Co-Schöpfer, dem Zeichner Albert Uderzo. Auch Objekte wie seine Schreibmaschine sind ausgestellt – unerlässliches Handwerkzeug für sein fantasievolles Werk. Mit 500 Millionen verkauften Büchern und Comic-Alben, die in 150 Sprachen übersetzt wurden, und 100 Kinoverfilmungen gehört Goscinny zu den erfolgreichsten französischen Autoren. Über sein Leben ist wenig bekannt. Stets schien er hinter seinen Helden zu verschwinden.

Geboren in Paris als Sohn von kurz zuvor eingebürgerten Juden mit Wurzeln in Polen und der Ukraine, kam René Goscinny als Zweijähriger nach Buenos Aires, wo sein Vater eine Stelle als Ingenieur gefunden hatte. In der französischen Schule fiel er durch sein Zeichen- und Schreibtalent auf, fertigte Karikaturen an und hoffte, eines Tages für Walt Disney zu arbeiten. Klassenfotos zeigen einen Jungen mit jenem verschmitzten Lächeln, das er sich auch als Erwachsener bewahren sollte.

Er ließ Lucky Luke sprechen

Die Sorge um die Verwandten in Europa während der Nazi-Herrschaft, die teilweise im Holocaust umkamen, verarbeitete er in spöttischen Abbildungen von Hitler oder der „Familie Müller“ als typischer deutscher Mitläuferfamilie.

Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters 1943 musste Goscinny Geld verdienen – aus der Traum von der Kunsthochschule. Er arbeitete als Buchhalter in einer Reifenfabrik, bis er als Zeichner in einer Werbeagentur angestellt wurde. 1945 ging er mit seiner Mutter nach New York, wo er – nach der zwischenzeitlichen Absolvierung des Militärdienstes in Frankreich – mehr schlecht als recht als Illustrator von Kinderbüchern lebte. Doch er machte entscheidende Begegnungen wie jene mit Morris (Maurice de Bévère). Für dessen Zeichnungen von Lucky Luke verfasste Goscinny ab 1955 die Texte.

Da lebte er bereits in Frankreich und arbeitete mit wachsendem Erfolg als Illustrator für Magazine, bis er sich ganz auf das Schreiben von Geschichten verlegte. Der Durchbruch gelang mit Asterix – seiner Parodie auf die klassische Darstellung der französischen Geschichte. Zwischen 1959 und 1977, Goscinnys Todesjahr, schufen Uderzo und er 24 Alben. Über lange Gänge hinweg zeigt die Ausstellung Originalskizzen. Figuren in Riesengröße lassen in die Welt der mutigen Gallier eintauchen.

Daneben arbeitete er mit anderen Zeichnern an Comic-Serien für Magazine, veröffentlichte Episoden von „Der kleine Nick“, illustriert von Jean-Jacques Sempé; auch hiervon sind Exemplare ausgestellt. Diese erschienen später auch in der Wochenzeitschrift „Pilote“, die Goscinny mitbegründete und jahrelang als Chefredakteur leitete. Später eröffnete er das Studio Idéfix („idée fixe“ ist der französische Ausdruck für „fixe Idee“) zur Produktion von Asterix- und Lucky-Luke-Zeichentrickfilmen. Seine Schaffenskraft war ungebrochen, als Goscinny im November 1977 an einem Herzinfarkt starb, seine Frau Gilberte und Tochter Anne zurückließ. Diese verwaltet sein Werk und ist an dem von Uderzo gegründeten Verlag „Les Editions Albert René“ beteiligt.

René Goscinny habe, sagt Ausstellungskuratorin Anne Hélène Hoog, „alle Register des Humors erkundet: die Situationskomik, das Spiel mit der Sprache, Kalauer – für jeden ist etwas dabei“. Die Erfahrungen aus dem argentinischen und US-Exil vermischten sich mit französischer Tradition, stete Inspirationsquellen waren Geschichte, Sprache und die Kindheit. Das mag erklären, warum er Kinder ebenso anzusprechen wusste wie das Kind im Erwachsenen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort