Aphrodite mit Stinkefinger: Griechen zeigen "Focus" an

Der "Focus" hatte eine Aphrodite mit Stinkefinger auf dem Titel - die Griechen konterten mit der Berliner Siegesgöttin und einem Hakenkreuz. Nun hat das Duell zwischen dem deutschen Nachrichtenmagazin und der Zeitung "Eleftheros Typos" ein juristisches Nachspiel.

Aphrodite mit Stinkefinger: Griechen zeigen "Focus" an
Foto: dpa/Focus

Athen. (dpa) Der "Focus" hatte eine Aphrodite mit Stinkefinger auf dem Titel - die Griechen konterten mit der Berliner Siegesgöttin und einem Hakenkreuz. Nun hat das Duell zwischen dem deutschen Nachrichtenmagazin und der Zeitung "Eleftheros Typos" ein juristisches Nachspiel: Sechs griechische Anwälte haben den "Focus" wegen übler Nachrede, Verleumdung und Verunglimpfung griechischer Staatssymbole angezeigt.

Am 29. Juni hat nun die Staatsanwaltschaft in Athen erstmals eine Untersuchung angesetzt. Ob es einen Prozess geben werde, sei noch unklar, sagte Theodoros Frangakis, einer der sechs griechischen Anwälte, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.

Mit dem Satz "Betrüger in der Eurofamilie" hatte der "Focus" am 22. Februar 2010 das Titelbild mit der griechischen Liebesgöttin begleitet und damit auf die desolate Finanzlage Griechenlands angespielt. Für Herausgeber Helmut Markwort war das eine legitime, satirische Darstellung der Verhältnisse, wie er in München der Nachrichtenagentur dpa sagte.

"Natürlich stehe ich dazu; das war damals originell." Er hatte von der juristischen Untersuchung erst durch die Fragen von Journalisten erfahren. "Ich kenne keine Vorladung und auch keine Klageschrift", sagte er. "Keine griechische Behörde hat sich an mich gewandt, und die Kollegen haben auch nichts."

Was er allerdings nach der Veröffentlichung bekommen hatte, waren zahlreiche Protestbriefe, auch aus Griechenland. Daraufhin riet er den Griechen zur Gelassenheit. Vielleicht sollten sie sich auf ihren Landsmann, den berühmten Satiriker Aristophanes besinnen - immerhin habe dieser 400 vor Christus die Satire erfunden: "Da wurden damals Zeiterscheinungen gegeißelt und derb kommentiert", sagte Markwort, der selber sechs Jahre Altgriechisch gelernt hat.

"Da würde ich die Griechen gerne daran erinnern, dass es eine griechische kulturelle Erfindung ist, die Satire!" Zahlreiche, zum Teil auch sarkastische Veröffentlichungen in Deutschland über den Schuldenrekordhalter Griechenland und die jahrelang verschleierten Bilanzen des Landes hatten die Stimmung in dem Mittelmeerland aufgeheizt. Eines Tages schlug die Athener Presse zurück.

Die Zeitung "Eleftheros Typos" brachte eine Fotomontage der goldenen Göttin auf der Siegessäule in Berlin, die ein Hakenkreuz hält. Im Text dazu hieß es: "Finanz-Nazitum bedroht Europa" und "Es reicht mit der Verleumdung des Landes durch die Deutschen".

Die Verstimmungen, die die Liebesgöttin auf dem Titelblatt hervorgerufen hatte, waren beträchtlich. "Die Veröffentlichungen, die nichts mit der Realität zu tun haben, haben mittlerweile jede Grenze überschritten", beschwerte sich der griechische Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos damals beim deutschen Botschafter in Athen, Wolfgang Schultheiß.

Der Diplomat rief zur Besonnenheit auf: "Ich möchte ausdrücklich dazu aufrufen, einzelne Medienberichte nicht zu verwechseln mit der differenzierten deutschen öffentlichen Meinung zu Griechenland." Auch die Regierung in Athen schaltete sich ein und beruhigte die erhitzten Gemüter. "Solche Titel sind keines Kommentars wert", plädierte der griechische Regierungssprecher damals für Gelassenheit.

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