"Polizeiruf"-Zweiteiler "Wendemanöver" Amigos aus dem Osten

Bonn · Ein Brandanschlag mit einer Toten in Magdeburg. Ein erschossener Wirtschaftsprüfer in einem Hotel in Warnemünde. Zwei Routinefälle, die im neuen "Polizeiruf 110" nicht nur ganz eng miteinander zu tun haben und eine atemberaubende Dynamik entwickeln, sondern auch noch die besten Teams, die der ARD-"Polizeiruf" zu bieten hat, zusammenführen.

 Die Vier vom "Wendemanöver": (von links) Alexander Bukow (Charly Hübner), Doreen Brasch (Claudia Michelsen), Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Jochen Drexler (Sylvester Groth).

Die Vier vom "Wendemanöver": (von links) Alexander Bukow (Charly Hübner), Doreen Brasch (Claudia Michelsen), Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Jochen Drexler (Sylvester Groth).

Foto: NDR

Am Anfang ermitteln Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Jochen Drexler (Sylvester Groth) in Magdeburg und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Anton Pöschel (Andreas Guen-ther) in Rostock noch vor sich hin. Doch bald wird aus den zwei Duos ein schlagkräftiges Quartett. Genauer: ein Quintett. Denn der immer am Rand der Legalität arbeitende, unkontrollierbare Rostocker Kommissar Alexander Bukow spielt nach der Aufhebung seiner Suspendierung auch eine Rolle.

Fantastische Schauspieler, eine brillante Regie (Eoin Moore) und ein brisantes Thema machen diesen "Polizeiruf", der an diesem und kommenden Sonntag als exklusiver Zweiteiler ausgestrahlt wird, zum TV-Ereignis. Rechtzeitig zum Jubiläum der Deutschen Einheit liefert "Wendemanöver" nun einen bitteren Kommentar zum Fest. Es ist noch immer nicht alles gut im Osten, es gibt Wunden, die auch noch der zweiten und dritten Generation zu schaffen machen.

Die Ermittlungen der Kommissare konzentrieren sich bald auf die Zeit zwischen dem Mauerfall sowie dem Ende der SED (nicht jedoch ihrer Strukturen) und der Währungsunion. Eine Grauzone, ein quasi rechtsfreier Raum, in dem Glücksritter aus dem Westen, alte Stasi-Seilschaften und DDR-Kader ihren lukrativen Geschäften nachgingen. Die Rolle, die die Treuhandanstalt dabei gespielt hat, der unter anderem alle volkseigenen Betriebe unterstellt waren, bietet Raum für Spekulationen. Auch im "Polizeiruf".

Drexler und Ferdinand Frey (Cornelius Obonya) arbeiteten in der kritischen Zeit bei der Zerv (Zentrale Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität). Frey, der damals in einem Fall von Transferrubelbetrug ermittelte, wurde von den politisch perfekt vernetzten Verdächtigen kaltgestellt. Was wusste Frey? Hat er die alten DDR-Akteure erpresst, hat er aus Rache gemordet?

Dass Frey und Drexler ein Liebespaar waren, ist nicht der einzige emotionale Aspekt: Pöschel gräbt Brasch an, die sonst so kühle Katrin König wirft ein Auge und mehr auf den Zeugen Tischendorf. Bukow dagegen gerät sogar unter Mordverdacht. Eine Zeugenaussage: "dunkler Kombi, fetter Typ".

Es ist ein Genuss, diesem so ungleichen Quintett beim Ermitteln zuzusehen: Die kluge und einfühlsame Brasch, die analytische, witzige König, der unnahbare Drexler in seiner letzten "Polizeiruf"-Rolle, über den Brasch einmal sagt, "schräg drauf ist der immer, heute ist er seltsam", machen den Krimi zum großen Kino.

Die Frage, ob ein Zweiteiler gerechtfertigt ist, lässt sich schnell beantworten: Wenn er so spannend erzählt wird wie "Wendemanöver", funktioniert das. Ohnehin ist die Thematik so komplex, dass zwei Abende goldrichtig sind.

Polizeiruf 110 in der ARD: Zweiteiler "Wendemanöver" am 27. September und 4. Oktober, jeweils 20.15 Uhr.

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