Attacke auf 15-Jährige Alter des Messerstechers von Kandel soll mit einem Gutachten geklärt werden

Landau/Ludwigshafen · Wie alt der mutmaßliche Messerstecher von Kandel war soll mit einem Gutachten geklärt werden. Behörden streiten unterdessen über die Weitergabe von Informationen vor der Tat.

Im Streit um das Alter des mutmaßlichen Messerstechers von Kandel soll ein medizinisches Gutachten für Klarheit sorgen. Das kündigten Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch an. Der aus Afghanistan stammende Verdächtige, der vergangene Woche seine 15 Jahre alte Ex-Freundin erstochen haben soll, ist nach offiziellen Angaben selbst 15 Jahre alt. Der Vater des Mädchens bezweifelt das aber. Zudem gibt es Streit um die Frage, ob die Polizei das Jugendamt vor der Tat über Drohungen des Verdächtigen informiert hat.

Die 15-jährige Deutsche war in einem Drogeriemarkt in Kandel mit einem Messer angegriffen worden. Als verdächtig gilt der Ex-Freund. Der Flüchtling, dessen Asylantrag nach Angaben der Ermittler im Februar 2017 abgelehnt worden war, schweigt bisher. Wenn er volljährig wäre, könnte für ihn Erwachsenenstrafrecht oder noch Jugendstrafrecht gelten.

Nach Angaben des Kreises Germersheim, bei dem das zuständige Jugendamt angesiedelt ist, wird eine Volljährigkeit derzeit „von allen Beteiligten ausgeschlossen“. Das Alter war laut Kreis 2016 in Frankfurt nach einer „Inaugenscheinnahme“ und einem ärztlichen Erstscreening festgestellt worden.

Laut dem mittlerweile vorliegenden vorläufigen Obduktionsergebnis wurde das Mädchen mit mehreren Messerstichen verletzt, einer davon traf es ins Herz und war tödlich. „Die Ermittlungen zu dem Motiv, den Hintergründen sowie dem konkreten Tatgeschehen dauern an“, erklärten die Ermittler. Der in Untersuchungshaft sitzende Verdächtige schweige weiter. Die Polizei durchsuchte sein Zimmer in Neustadt/Weinstraße und stellte dabei unter anderem zwei Handys sicher.

Die Ermittler berichteten, der Verdächtige habe nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich in der Provinz Kabul gelebt, bevor er im April 2016 als unbegleiteter minderjähriger Ausländer nach Deutschland gekommen und im Mai 2016 der Kreisverwaltung Germersheim zugewiesen worden sei. Er habe bei der Einreise keinen Ausweis dabeigehabt und als Geburtsdatum den 01.01.2002 angegeben.

Der Vater war vorher bei der Polizei

Zwar wurde sein Asylantrag abgelehnt, zugleich sei aber ein Abschiebungsverbot nach dem Aufenthaltsgesetz festgestellt worden. Er war mehrere Monate mit der 15-Jährigen zusammen, bis diese Anfang Dezember Schluss machte und ihn Mitte Dezember anzeigte - wegen Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Verletzung persönlicher Rechte. Der Vater des Mädchens war deshalb ebenfalls zweimal bei der Polizei.

Die Beamten beharren darauf, dass sie den Vormund des Jugendlichen beim Jugendamt vorab über den Vorwurf der Bedrohung informiert haben. Das Jugendamt hatte dagegen am Dienstag bestritten, darüber informiert worden zu sein, dass der Ex-Freund auch wegen Bedrohung angezeigt worden war. Dazu erklärte die Polizei am Mittwoch, der Vormund des Verdächtigen sei am 18. Dezember über die Anzeigen informiert worden. „Der Sachbearbeiter hat dem Vormund mitgeteilt, dass der Beschuldigte ehrverletzende Bilder des Mädchens anderen öffentlich zugänglich machte, dem Mädchen drohte, sie am Bahnhof Kandel „abzupassen“ und, dass sie in Zukunft „aufpassen“ müsse.“

Bei einem Telefonat am 19. Dezember habe der Sachbearbeiter dem Vormund die Vorwürfe erneut dargestellt und vor allem die vom Beschuldigten ausgesprochenen Drohungen „abpassen“ und „aufpassen“ angesprochen. Der Kreis weist darauf hin, dass es am 21. Dezember ein Gespräch mit dem Verdächtigen gegeben habe.

Vertreter der Verbandsgemeinde Kandel und der Evangelischen Kirche der Pfalz berichteten von Beleidigungen, Anfeindungen und Beschimpfungen, die per Mail, Anruf oder über die sozialen Netzwerke verbreitet würden: Nach Angaben eines Sprechers der Kommune richten sich die Kommentare gegen Menschen, die in der Flüchtlingshilfe mitgearbeitet haben. Laut Kirche geht es auch gegen Kirchenpräsident Christian Schad, der die Gläubigen aufgefordert hatte, sich „nicht zur Unmenschlichkeit verführen“ zu lassen. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Volker Poß (SPD), hatte nach der Tat pauschale Forderungen nach einem härteren Umgang mit Flüchtlingen beklagt.

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