Germanwings-Linienflug 4U9525 Absturz jährt sich zum zweiten Mal

Haltern · Zwei Jahre ist es schon her, dass ein Germanwings-Airbus in den französischen Alpen abstürzte. Freitag ist der Jahrestag. Viele Angehörige werden in die Nähe der Absturzstelle fahren. Auch der Vater des Copiloten geht am Freitag an die Öffentlichkeit.

 Trümmer der Germanwings-Maschine A320 liegen am 26.03.2015 an der Absturzstelle in der Nähe von Le Vernet in den französischen Alpen.

Trümmer der Germanwings-Maschine A320 liegen am 26.03.2015 an der Absturzstelle in der Nähe von Le Vernet in den französischen Alpen.

Foto: dpa

Bei den Abiturprüfungen am Joseph-König-Gymnasium im westfälischen Haltern fehlen in diesem Frühjahr 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen. Jäh endete vor zwei Jahren ihr Leben beim Absturz des Germanwings-Linienfluges 4U9525 in den südfranzösischen Alpen. Mit ihnen starben 132 weitere Menschen. Alles spricht dafür, dass der Copilot den Airbus absichtlich gegen einen Berg hatte fliegen lassen. Am Freitag ist der Jahrestag. „Wir spüren den Verlust unserer Tochter noch genauso wie im ersten Jahr. Man kann sich wohl nicht daran gewöhnen“, sagt Annette Bleß aus Haltern, die ihre Tochter Elena verlor. Sie und ihre Schulkameraden starben auf dem Rückflug von einem Schüleraustausch mit einer spanischen Schule. Elena wäre am kommenden Samstag 18 Jahre alt geworden.

Am 24. März 2015 um 10.41 Uhr zerschellte das Flugzeug. In Haltern will man am Freitag um diese Zeit fünf Minuten lang innehalten. Die Kirchen wollen ihre Trauerglocken läuten. Schulleiter Ulrich Wessel hat eine gemeinsame Gedenkfeier von Stadt, Schule und Kirchen auf dem Schulhof an der Gedenkstätte geplant.

An dem Schüleraustausch mit Spanien hält Wessel der Katastrophe zum Trotz fest. Für ihn ist es weiterer Schritt Richtung Rückkehr zum Schulalltag: „Darauf habe ich immer Wert gelegt, dass wir zum Schulalltag zurück kehren, aber nicht um den Preis des Vergessens, sondern aus einer würdigen Erinnerung heraus.“

Viele Angehörige werden am Freitag dort sein, wo ihre Verwandten starben. Die Lufthansa als Germanwings-Muttergesellschaft hat in Le Vernet wieder eine Gedenkfeier organisiert. Der kleine Alpenort liegt in der Nähe der Absturzstelle. Vom Sommer an soll eine Skulptur am Absturzort an das Unglück erinnern. Betreten werden darf das Gelände weiterhin nicht, dort „werden immer noch Gegenstände aus dem Flugzeug gefunden“, sagt Annette Bleß.

Die Lufthansa mag noch nicht viel über das „Gedenkelement“ sagen. Es sei auf Wunsch der Angehörigen in den letzten Wochen geschaffen worden, sagt das Unternehmen auf Anfrage. Laut „Bild am Sonntag“ soll es sich um eine Art goldene Sonnenkugel aus 149 individuell geschmiedeten Einzelteilen handeln.

Die Auseinandersetzungen zwischen der Lufthansa und Angehörigen um die angemessene Höhe des Schmerzensgeldes dauern unterdessen weiter an. Die Lufthansa hat laut dem Berliner Anwalt Elmar Giemulla für die Leiden der Opfer in ihren letzten zehn Lebensminuten jeweils 25.000 Euro gezahlt. Hinzu komme ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro für jeden nahen Hinterbliebenen. Beides sei „zu wenig“, sagt der Anwalt. Vorschläge für höhere Zahlungen habe die Lufthansa nach längeren Verhandlungen abgelehnt. Die Lufthansa bestätigt lediglich „laufende Verhandlungen“, will sich zum Verfahrensstand aber nicht äußern.

Giemulla bereitet daher eine Klage vor - unter Berufung auf den Schadenersatzparagrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 823). Sein Vorwurf an die Fluggesellschaft: „Das System in der Lufthansa hat es nicht geschafft, zu verhindern, dass ein offensichtlich psychisch kranker Mensch Pilot wird und die Verantwortung für Hunderte von Menschen hat.“ Ansprüche aufgrund dieses Paragrafen verjährten erst Ende 2018. Der Jurist vertritt nach eigenen Angaben die Hinterbliebenen von 38 Opfern aus Deutschland.

Klagen will auch Opferanwalt Christof Wellens (Mönchengladbach), sollte es vor dem zweiten Jahrestag an diesem Freitag nicht doch noch zu einer Einigung kommen. Er vertritt nach eigenen Angaben die Familien von 35 Opfern. Etwa in der Hälfte der Fälle seien bereits Einigungen erzielt worden. Bei den anderen gebe es aber noch offene Punkte. „Wir haben noch ein Gespräch mit den gegnerischen Anwälten von Germanwings und Lufthansa, um das zu klären.“

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