Katastrophe in Fruchtbarkeitsklinik 4000 Eizellen in US-Universitätsklinik zerstört

Washington · In der US-Universitätsklinik von Cleveland ist ein ferngesteuertes Kühlsystem ausgefallen. Rund 1000 Patienten sind betroffen. Dabei sind rund 4000 eingefrorene Eizellen und Embryos zerstört worden.

Super-Gau in der Fruchtbarkeitsklinik: Weil ein ferngesteuertes Alarmsystem, das die auf minus 196 Grad heruntergekühlten Tanks mit flüssigem Stickstoff überwachen soll, vorübergehend abgeschaltet war, sind an der Universitätsklinik von Cleveland im US-Bundesstaat Ohio rund 4000 eingefrorene Eizellen und Embryos zerstört worden.

Rund 1000 Patienten erhielten am Dienstag (Ortszeit) die verheerende Nachricht per Brief. „Wir wissen nicht, wer das System abgeschaltet hat und wie lange es abgeschaltet war“, heißt es in dem Schreiben der Klinikleitung. Durch den Ausfall der Kühlaggregate stieg die Temperatur an und zerstörte die teilweise seit 30 Jahren eingefrorene menschliche Saat.

Unter den Betroffenen sind Fälle wie die Pennimans. Wendy Penniman, 41, hatte elf fehlgeschlagene Schwangerschaften. Mithilfe der Klinik in Cleveland gelang es ihr und ihrem Mann Rick, zwei gesunde Kinder zur Welt zu bringen. Um die Familie zu komplettieren, sollte ein eingefrorener Embryo zum Leben erweckt werden. „So etwas hätte niemals passieren dürfen“, sagt Wendy Penniman. „Hier haben alle Vorsichtsmaßnahmen kläglich versagt.“

Die Pennimans und rund 30 weitere Ehepaare haben die Klink bereits wegen grober Fahrlässigkeit und Vertragsbrüchigkeit verklagt. Juristen erklärten gegenüber der Zeitung „The Plain Dealer“, dass die Klinik voraussichtlich mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe rechnen muss.

Unterdessen ergaben Recherchen des TV-Senders NBC , dass die Herstellerfirma der Kühlbehälter – Custom Biogenic Systems (CBS) – auf eine Reihe von Pannen und Fehlfunktion in den USA und in Großbritannien zurückblickt, die sich über 15 Jahre erstreckt. In England warnten bereits 2003 die Aufsichtsbehörden vor dem Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Michigan. In Gainesville/Florida wurde kurz darauf durch eine Fehlfunktion in Geräten von CBS das Sperma von 60 Männern unbrauchbar. Sie hatten die Depots vor einer Chemotherapie wegen Krebs anlegen lassen.

Experten sehen in der Tragödie in Cleveland die Spitze eines Eisbergs. Die rund 500 Fruchtbarkeitskliniken im Land seien weitgehend unreguliert, drei mit dem Thema befasste Bundesbehörden fühlten sich nicht wirklich zuständig. „Es gibt keine zentrale Aufsicht und kein solides Instrumentarium, das die Sicherheit standardmäßig in allen Bundesstaaten gewährleistet“, sagt Dov Fox, Gesundheitsexperte der Universität von San Diego, „das ist der Wilde Westen.“

Die Zahl der Frauen in den USA, die ihre Eizellen einfrieren ließen, um sich später den Familienwunsch erfüllen wollen, ist laut der Gesellschaft für Reproduktionsmedizin zwischen 2009 (475 Frauen) und 2015 (8000 Frauen) rapide gestiegen. „Das Sicherheitsgefühl“, so ein Doktor zur „Washington Post“, „leidet durch Zwischenfälle wie in Cleveland enorm.“

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