Prozess gegen Kerpener Zauberkünstler Jan Rouven „Er könnte im Gefängnis sterben“

Las Vegas · Ermittler werfen dem deutschen Magier Jan Rouven Besitz und Verbreitung von Kinderpornos vor. Der 39-Jährige streitet alles ab. Am Montag beginnt in Los Angeles der Prozess. Rouven drohen 30 Jahre Haft.

Er konnte kurz vor dem Ertrinken aus dreifach verketteten Wassertanks entfliehen. Er war dabei, sich an Größen wie David Coperfield und Criss Angel heranzuzaubern. Er war das größte deutsche Talent in der Illusionsfabrik von Las Vegas seit Siegfried & Roy. Vorbei. Nach sieben Monaten Haft entscheidet sich ab Montag in der Glückspiel-Metropole in der Wüste Nevadas das Schicksal von Jan Rouven Füchtener – in einer Welt, in der keine Tricks helfen.

Der 39-jährige Rheinländer muss sich am Bundesbezirksgericht gegen den Vorwurf verantworten, in seiner inzwischen verkauften Villa auf Computern und Datenträgern 3500 Kinderpornos und über 100 einschlägige Fotos „besessen, benutzt und verbreitet“ zu haben. Sein Anwalt Jess Marchese bestreitet im Gespräch mit dieser Zeitung den Vorwurf der Anklage: „Die Sachen haben anderen gehört. Jan hat damit nichts zu tun.“

Sein Mandant, homosexuell, habe ein Faible für „muskulöse Kerle“. Schon darum könne das mit der Kinderpornografie nicht stimmen. Er beschreibt Rouvens Zustand als optimistisch – trotz täglich 23 Stunden in der Einzelzelle: „Er erträgt das viel besser, als mir das gelingen würde.“

Wem das unter Strafe stehende Material, das Minderjährige beim Sex mit Erwachsenen zeigt und von FBI-Fahndern im Januar sichergestellt wurde, zugeordnet werden kann, will Marchese nicht sagen. Ein „Fund“ sei im Kleiderschrank von Frank Alfter gemacht worden. Der 58-Jährige hatte Rouven im Teenageralter entdeckt. Er ist sein Manager und mit dem Kerpener seit 2015 verheiratet.

Aus „Verärgerung über das amerikanische Rechtssystem“, so Marchese, verließ Alfter vor einigen Monaten die USA in Richtung Deutschland. „Er telefoniert regelmäßig mit Jan.“ Als Zeuge werde er aber in dem auf vier Tage angesetzten Prozess nicht auftreten.

Aufgeflogen war der Skandal, nachdem ein verdeckter US-Ermittler in einem illegalen Schmuddelwaren-Filesharing-Dienst auf das Kürzel „Lars45“ gestoßen war. Die digitale Spur endete bei Jan Rouven. Der Hausdurchsuchung in dessen Villa folgte Mitte März die Festnahme. Über Nacht knickte die Karriere des Künstlers ein. Das renommierte „Tropicana“, wo Rouven die Showreihe „New Illusions“ gestartet hatte, kündigte den Vertrag. Der auf der Bühne ein rheinisches Singsang-Englisch sprechende Artist wurde zur Unperson, drei Dutzend Tänzer und Mitarbeiter wurden arbeitslos. Dass Rouvens Darbietung 2013 und 2015 zur „besten Magic Show in Las Vegas“ gekürt wurde, dass ihm die „International Magicians Society“ den „Merlin“, die höchste Ehrung für Magier überhaupt, zusprach – alles Makulatur. Jan Rouven war glücklich in Vegas. Auch wenn er bei einem Interview bei ihm zu Hause vor zwei Jahren einräumte: „Es ist schwer, hier Freundschaften zu schließen. Entweder wollen die Leute Sex von dir. Oder Geld.“ In Deutschland bekannt wurde Jan Rouven durch seine Einsätze in verschiedenen Freizeitparks, darunter auch dem Phantasialand, sowie seinem Auftritt in der "Next Uri Geller-Show"

Anwalt Marchese sagt, dass bei Rouven/Alfter regelmäßig viele Leute ein und ausgegangen seien. „Irgendwer hat ihnen das Zeug untergejubelt.“ Nur wer? Und warum? Um sich für den Prozess zu wappnen, hat Marchese einen zweiten Anwalt, zwei Computerexperten, einen Detektiv und einen Psychologen angeheuert. Ihre Erkenntnisse sollen die dem Kinder- und Jugendschutz besonders verpflichtete Bundesrichterin Gloria Navarro von der Unschuld Rouvens überzeugen. Sie allein entscheidet. Einen Jury-Prozess wollte Rouven nicht. Aus Sorge vor voreingenommenen Geschworenen. Anwalt Marchese hoff auf Freispruch. Am anderen Ende steht für Jan Rouven ein Horrorszenario mit 30 Jahren Haft und mehr: „Er könnte im Gefängnis sterben.“

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