Silberstiftzeichnungen Zum Doppel-Jubiläum: Geraer Dix-Haus wieder eröffnet

Gera · Rund elf Monate war das Geburtshaus des Malers Otto Dix in Gera wegen Bauarbeiten geschlossen. Zum 125. Geburtstag des Künstlers hat es nun mit einer Ausstellung selten gezeigter Silberstiftzeichnungen wieder seine Türen für Besucher geöffnet.

 Ein Portrait des Künstlers aus dem Jahr 1964.

Ein Portrait des Künstlers aus dem Jahr 1964.

Foto: Martin Schutt

Holger Saupe erinnert sich noch gut an jenen Sonntag im Juni 2013. Damals war die Weiße Elster in Gera zu einem reißenden Strom angeschwollen - ganz in der Nähe liegt das Geburtshaus des Malers Otto Dix (1891-1969).

"Zwar hatten wir nach außen hin alles abgeschottet, aber am Nachmittag bekam ich trotzdem Bammel", erzählt der Leiter der Städtischen Kunstsammlung. Kurzerhand hängte er die Kunstwerke im Erdgeschoss mit Helfern ab und brachte sie eine Etage höher in Sicherheit. "Wir wollten sicher gehen und behielten recht."

Denn wenige Stunden später drückte Wasser von unten in das historische Gemäuer, der Stadtteil wurde wegen Überschwemmungen weitgehend evakuiert und vom Stromnetz abgeklemmt. Seit Jahresbeginn 2016 war das Dix-Haus nun geschlossen, um die Flutschäden zu beheben. Zum 125. Geburtstag des Künstlers soll es am Freitagabend feierlich wiedereröffnet werden.

Hier im Geraer Stadtteil Untermhaus wurde Dix geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend und sammelte erste künstlerische Erfahrungen. Später erlangte er Weltruhm als großer Realist und bedeutender Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Das Museum in dem überputzten Fachwerkhaus feiert mit dem Geburtstag des Künstlers an diesem Freitag zugleich sein 25-jähriges Bestehen.

Dazu hat die Kunstsammlung Gera, die mehr als 400 Arbeiten von Dix bewahrt, eine exquisite Schau selten gezeigter Silberstiftzeichnungen von Dix zusammengetragen. Dieser altermeisterlichen Technik, die vor allem von Künstlern wie Albrecht Dürer und Hans Holbein bekannt ist, hat sich Dix in seiner Zeit als Professor an der Kunstakademie Dresden Anfang der 1930er Jahre zugewandt - und sich ihrer auch danach noch insgesamt rund zehn Jahre lang für Akte, Landschaften und Porträts bedient.

Gezeigt werden in der Geraer Schau 50 Arbeiten, die größtenteils aus Privatbesitz stammen. Viele davon seien erstmals seit den 1970er Jahren wieder öffentlich zu sehen, betont Saupe. Um etwa den Landschaften zusätzlich Atmosphäre einzuhauchen, hat sich Dix in den Zeichnungen neben der hochkomplexen Arbeit mit dem Silberstift weiterer Techniken bedient, und einige Werke auch mit Rödelkreide, Bleistift oder einem Kupferstift bearbeitet. "Dix hat in den Zeichnungen nicht rein altermeisterlich gearbeitet, sondern hat das Ganze modernisiert", erklärt der Kurator. Das zeige sich etwa an perspektivischen Brüchen.

Mit der neuen Zuwendung zur Landschaft knüpfte Dix, nach seiner beißenden Gesellschaftskritik in den 1920er Jahren, letztlich auch an sein Frühwerk an, das eng mit seiner Zeit in Ostthüringen verbunden ist. Letztlich war die Hinwendung zu diesen Motiven aber auch mit der Schmähung seiner Kunst im Nationalsozialismus verknüpft. Saupe betont aber, dass Dix sich den Silberstiftzeichnungen schon vor dem Machtantritt der Nazis Anfang 1933 zugewandt und bereits einige Jahre vor dem Ende der NS-Zeit einen neuen stilistischen Wandel vollzogen hatte.

Von einer "für die Öffentlichkeit und die Kulturwissenschaft herausragenden Jubiläumsausstellung" spricht Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke). Dabei mussten Saupe und seine Kollegen die Schau im Eiltempo innerhalb von nur zwei Wochen aufbauen. Denn bis vor Kurzem hatten noch Bauarbeiter das Sagen im Dix-Haus. Um die Hochwasserschäden zu beheben, wurde etwa der Boden im Erdgeschoss ausgehoben, erneuert und mit neuem Marmorboden versehen. Die Kosten von insgesamt mehr als 340 000 Euro wurden aus Fluthilfegeldern bestritten. Die maroden Fenster des Hauses harren dagegen noch einer Sanierung - sie soll im kommenden Jahr angegangen werden, hieß es am Freitag.

Die Schau "Otto Dix: Zeichenkunst mit Silberstift" ist bis 19. März im Geraer Dix-Haus zu sehen.

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