Die Stimme Amerikas Warum Bob Dylan den Nobelpreis verdient hat

Meinung | Washington · Bob Dylan wurde am Donnerstag mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Zurecht, findet GA-Korrespondent Dirk Hautkapp. Ein Kommentar.

Bei Preisverleihungen macht Bob Dylan oft eine komische Figur. So als wollte er wie in seinem 52 Jahre alten Hit „It Ain't me, Babe“ sagen, steht der spirgelige Barde dann ungelenk und schamhaft auf der Bühne. Auf der Suche nach dem schwarzen Loch, durch das man am schnellsten verschwinden kann.

Wenn am 10. Dezember in Stockholm der Literaturnobelpreis verliehen wird, hat die Stimme, die Amerika erzählt und durch die Amerika erzählt, allen Grund zum aufrechten Gang. Jahrzehnte summten Anhänger des Jahrhundertkünstlers das abgewandelte "Knock, Knock, Knockin' on Nobel's Door“. Vergebens. Dem Schriftsteller und Lautmaler blieb die Anerkennung seiner außerordentlichen poetischen Ausdruckskraft verwehrt.

Dass Dylan ein künstlerisches Universum erschuf, das den Globus durchdrungen und die Weltgeschichte geprägt hat, wurde unter Wert geschlagen. Sei es, weil die Akademie ihre latente Amerikafeindlichkeit (der letzte Literatur-Preis für die USA liegt 23 Jahre zurück) nicht überwinden konnte. Oder weil Puristen das Dogma pflegten, Dylans umfassende Lyrik könne nie ohne die musikalische Darbietung begriffen werden. Unsinn. Dylan ist in Wort und Ton nicht nur einer der wirkungsmächtigsten Chronisten seiner Zeit. Er fing auch deren Geist immer wieder ein. Und brachte Dinge zum Vorschein, die sein Publikum fühlte, aber nicht wirklich ausdrücken konnte. Es galt sein gesungenes Wort.

Mit dem Nobelpreis für Literatur steht ein einzigartiger Held der Popkultur da, wo er mit 75 hingehört. The Times They Are A-Changin. Wieder einmal.

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