"Frank Thiel ist komplett unmusikalisch" Tatort-Schauspieler Axel Prahl tritt in der Bonner Oper auf

BONN · Der Schauspieler Axel Prahl gibt im Oktober mit seiner Band ein Konzert in der Bonner Oper. Und schon bald ist er wieder im „Tatort“ aus Münster als Kommissar Frank Thiel zu sehen. Der GA hat mit dem Schauspieler gesprochen.

GA: Herr Prahl, ist Ihnen bewusst, dass Sie den deutschen Sprachgebrauch beeinflussen?

Prahl: Durch die Begrifflichkeiten „Vaddern“ oder „Moinsen“ im „Tatort“ etwa?

GA: Ja. Meine Tochter nennt mich nur noch „Vaddern“ und grüßt morgens mit „Moinsen“.

Prahl: Der Begriff „Vaddern“ für Vater kommt aus dem Norden und schafft trotz der gewissen Nähe auch eine Minimaldistanz. Das hat Vorteile.

GA: Stört es den Kommissar Thiel, dass sein Vater gelegentlich kifft?

Prahl: Das Thema ist zwar betriebsintern, aber gut: Den Kommissar Thiel bringt das immer wieder in Bedrängnis, obwohl er selbst für die Legalisierung dieser Droge wäre. Da ich den Thiel spiele, fühle ich mich zuständig, das so zu formulieren. Sogar Bismarck hat ab und zu ein Pfeifchen geraucht.

GA: Ist das belegt?

Prahl: Ich habe das mal irgendwo gelesen. Außerdem bin ich überzeugt: Wenn diese Droge nicht durch die Hippie-Bewegung eingeführt worden wäre, dann hätte man sie schon längst legalisiert.

GA: Waren Sie auch mal Hippie?

Prahl: Selbstredend, aber nicht richtig zuzuordnen. Ich trug die Anzughose meines Großvaters, die mir fünf Nummern zu groß war. Die langen Haare wurden zu Hause weniger geduldet.

GA: Es geht die Legende, dass Sie früh mit Folkmusik fraternisiert haben und als Straßenmusikant in Spanien auffällig geworden sind. Stimmt das?

Prahl: Das will ich an dieser Stelle gern bestätigen. Ich habe eine Zeit lang Irish Folk gespielt.

GA: Und Ihre erste Gitarre hatten Sie aus dem Versandhaus?

Prahl: Hundertprozentig. Mein Freund Wolfgang hatte eine tolle Gitarre, ich wünschte mir zu Weihnachten auch eine, sie sollte größer, besser, weiter, schneller sein. Meine Eltern bestellten mir aus dem Quelle-Katalog eine zwölfsaitige Gitarre. Für einen Anfänger ist das Instrument aber schwer zu stimmen, zumal das Bundstäbchen am achten Bund zu hoch war. Wahrscheinlich ein chinesisches Modell.

GA: Wie haben Sie das Problem gelöst?

Prahl: Mit einem Hammer. Was zur Folge hatte, dass ein Wirbel abbrach und man die Gitarre nur noch mit der Kombizange stimmen konnte.

GA: Gleichwohl sind Sie bei der Musik geblieben. Im Oktober spielen Sie mir Ihrer Band in der Bonner Oper. Was steht auf dem Programm?

Prahl: In der ersten Hälfte des Konzertes spielen wir einige Fremdkompositionen, darunter „With A Little Help From My Friends“ von den Beatles, in der zweiten Hälfte ausschließlich Lieder aus meinem Album „Blick aufs Mehr“ und drei komplett neue Stücke. Mal schauen, wie das Publikum darauf reagiert. Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an einer neuen Scheibe, die 2018 erscheinen wird.

GA: Nicht wenige Stücke erinnern an Shantys. Die Musik Ihrer Heimat?

Prahl: Ich bin in Neustadt in Holstein aufgewachsen, da trägt man das Meer in sich. Das wird man nie wieder los.

GA: Einige Zeilen klingen zeitlos. Beispiel: „Wir sind nur die Passagiere / auf einer Reise ohne Ziel / Keiner kennt den Käpt’n / Keiner weiß wohin er will“. Was meint der Autor konkret?

Prahl: Treffer versenkt! Den Text habe ich tatsächlich mit Mitte 20 geschrieben. Es geht um die Reise des Lebens. Oft kann man die Richtung selbst nicht bestimmen; man sollte aber akzeptieren, was passiert – und einfach weitermachen.

GA: Und was war der Auslöser für das recht temperamentvolle Stück „Polonaise Internacional“?

Prahl: Die Finanzkrise. Mich hat es damals maßlos aufgeregt, dass die Steuerzahler für die Unzulässigkeiten der Bankmanager aufkommen mussten und immer noch müssen. Das drücke ich mit der Figur des „Cosmopolitano“ aus, der international agiert – ohne Rücksicht auf Verluste.

GA: Tanzt das Publikum gelegentlich mit?

Prahl: Das kann durchaus passieren. Es ist unser schwungvollstes Stück.

GA: Was lässt sich zu den ganz neuen Stücken sagen?

Prahl: Ich habe kürzlich „Lederne Hochzeit“ gefeiert, also meinen dritten Hochzeitstag …

GA: … in der dritten Ehe, wohlgemerkt.

Prahl: Das auch noch. „Lederne Hochzeit“, das klingt sehr zäh. Da ich meine Frau sehr liebe und ihr eine ganz besondere Freude zu unserer „ledernen Hochzeit“ machen wollte, dachte ich mir, ich schreibe ihr ein Lied. Es trägt den sinnigen Titel: „Das ist meine Frau“.

GA: Das macht wirklich Sinn.

Prahl: Ein weiteres Stück heißt „Da fährt ein Boot“. Es beschreibt eine Passage in der Beringsee. Ein Krabbenfänger gerät in einen Sturm, es brennt, kein anderes Schiff ist in Sicht. Ein starkes Bild. Und das dritte Stück heißt: „Da brennt noch Licht bei dir …“.

GA: Hört sich zuversichtlich an, oder?

Prahl: Nicht wirklich. Die vollständige Zeile lautet: „… und ich geh vorbei“.

GA: Kommen Besucher in Ihre Konzerte, weil man Sie vom „Tatort“ aus Münster kennt?

Prahl: Anfangs war das durchaus so. Diesbezüglich habe ich dem „Tatort“ sehr viel zu danken. Durch die hohen Einschaltquoten ist das Publikum auch auf die Marke „Axel Prahl“ gespannt. Doch man bescheinigt uns mittlerweile auch ein großes musikalisches Können.

GA: Nun ist es ja so, dass auch Ihr Pathologe privat viel Musik macht. Gibt es die Idee für ein Duo mit Jan Josef Liefers?

Prahl: Es ist zumindest die häufigste Journalistenfrage, die an Jan Josef und mich gestellt wird.

GA: Soll ich sie zurücknehmen?

Prahl: Wir verneinen die Frage beide. Gut, beim Toyota-Werbespot haben wir zusammen im Auto gesungen. Kann passieren. Bei einem Stadtfest in Saarbrücken sind wir nacheinander aufgetreten – und haben dann ein Lied zusammen gesungen.

GA: Also doch.

Prahl: Ein gemeinsames Album wollen wir aber definitiv nicht aufnehmen. Obwohl jeder von uns bei den Dreharbeiten häufiger sein Instrument dabei hat, dann zupfen wir zusammen und jodeln einen.

GA: Ha!

Prahl: Also, im „Tatort“ selbst wird das unter Garantie nicht passieren.

GA: Aus Münster kommt der erfolgreichste „Tatort“ schlechthin. Im April gab es 14,56 Millionen Zuschauer für die Folge „Fangschuss“. Was sagen Sie dazu?

Prahl: Es freut uns, natürlich. Die Vorstellung ist schon fast beängstigend: Da sitzt eine ganze Stadt, drei bis vier Mal so groß wie Berlin, komplett vor diesem viereckigen Kasten, und auf den Straßen bewegt sich nichts mehr, kein Mensch, kein Auto, keine U-Bahn.

GA: Wie weit ist Thiel weg von seinem Darsteller Prahl?

Prahl: Ziemlich weit, das können Sie mir glauben. Thiel ist komplett unmusikalisch. Und Prahl ist zwar St. Pauli-Sympathisant, aber keineswegs fanatisch. Ich schlafe nicht in der Bettwäsche dieses Vereins. Ich liebe gute Küche und erlesene Getränke, die auch kostspielig sein dürfen, sofern sich der Preis rechnet. Auch das unterscheidet mich von Frank Thiel.

GA: Wann erhalten Sie Ihr verdientes Denkmal in Münster?

Prahl: Ich wurde bislang noch nicht abgegossen, aber wir arbeiten daran.

GA: Bald kommt der nächste Münster-„Tatort“. Worum geht’s?

Prahl: Der Titel lautet „Gott ist auch nur ein Mensch“. Bei einer Skulpturen-Ausstellung wird eine Leiche gefunden.

GA: Wer ist der Mörder?

Prahl: Also ich war’s nicht.

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