Skandal Stühlerücken in der Schwedischen Akademie

Nach zahlreichen Rücktritten nimmt die Schwedische Akademie am Donnerstag drei neue Mitglieder auf. Doch eine Erneuerung ist das nicht. Die zentralen Probleme der Akademie werden damit nicht gelöst.

 Katarina Frostenson, Mitglied der Schwedischen Akademie und Ehefrau des Franzosen Arnault, in Stockholm.

Katarina Frostenson, Mitglied der Schwedischen Akademie und Ehefrau des Franzosen Arnault, in Stockholm.

Foto: Jonas Ekstromer

Stockholm (dpa) – Das ganze Jahr über fanden die Krisensitzungen der Schwedischen Akademie hinter verschlossenen Türen statt. Am Donnerstag, zur jährlichen Hauptversammlung (högtidssammankomst), müssen die zerstrittenen Mitglieder vor aller Öffentlichkeit an einem Tisch sitzen.

Nicht nur gegenüber dem schwedischen König, auch gegenüber den 500 Gästen aus Verwaltung und Kultur sollen sie das akademische Jahr Revue passieren lassen.

Doch im vergangenen Jahr stand weniger die literarische Arbeit der Akademie im Mittelpunkt, das Gremium mit seiner 250 Jahren langen Geschichte wurde durch einen Vergewaltigungsskandal schachmatt gesetzt. In der Konsequenz sind fünf der auf Lebenszeit gewählten Mitglieder zurückgetreten, der Literaturnobelpreis wurde abgesagt. Am Donnerstag werden drei neue Mitglieder die freien Stühle besetzen: der Literaturwissenschaftler Mats Malm, der Jurist Eric M. Runesson und die Autorin Jila Mossaed.

Doch entgegen der Tradition werden die drei bei ihrer Antrittsrede nicht ein Lob auf ihre Vorgänger singen, wie es traditionell üblich ist. Denn Jayne Svenungsson, Lotta Lotass, Kerstin Ekman, Klas Östergren und Sara Stridsberg sind unter anderem zurückgetreten, weil sie mit der Politik der Akademie nicht einverstanden waren.

Der Streit entzündete sich an dem Franzosen Jean-Claude Arnault, der mit dem Akademiemitglied Katarina Frostenson verheiratet ist. Vor einem Jahr erhoben zahlreiche Frauen Vorwürfe, Arnault habe sie sexuell belästigt und sei übergriffig geworden. Am Ende wurde er wegen Vergewaltigung verurteilt.

Da Arnault enge Beziehungen zur Akademie pflegt, verlangten einige Mitglieder Konsequenzen, unter anderem den Rücktritt Frostensons. Doch die Mehrheit lehnte das ab, was dazu führte, dass zahlreiche Mitglieder ihr Arbeit einstellten und damit die Akademie beschlussunfähig machten. Der Literaturnobelpreis konnte nicht vergeben werden.

Ein Komitee, bestehend aus fünf Mitgliedern der Akademie und fünf externen, sachkundigen Beratern soll nun über die Gewinner der nächsten beiden Literaturnobelpreise 2019 und 2020 entscheiden.

Doch die Krise in der Akademie ist nicht gelöst, so lange die Lyrikerin Frostenson sich weigert, ihren Stuhl freizumachen. Die Akademie erwägt, ihr Geld anzubieten, hat aber möglicherweise noch ein stärkeres Druckmittel: Eine juristische Untersuchung sei zu dem Schluss gekommen, dass sie ihrem Mann die Gewinner der Literaturnobelpreise vorab verraten habe, berichtete die Zeitung Dagens Nyheter. Frostenson wies dies zurück.

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