Thema Kindesmissbrauch So ist der neue Tatort "Déjà-vu" aus Dresden

Bonn · Der neue Tatort aus Dresden kommt vom Bonner Regisseur Dustin Loose. „Déjà-vu“ ist - obwohl der Täter früh bekannt ist - durchaus anspruchsvoll.

Hinter den Kulissen des Dresdner Tatorts rumorte es zuletzt. Hauptdarstellerin Alwara Höfels, erst seit 2016 als Kommissarin Henni Sieland in Amt und Würden, schmiss hin. Und das mit dem deutlichen Hinweis auf einen „fehlenden künstlerischen Konsens“, der ihr die Lust auf die Rolle verhagelt hat. Nur noch zwei Mal nimmt sie im Tatort die Ermittlungen auf.

Auch der renommierte Autor Ralf Husmann, der das Team mit Höfels, Karin Hanczewksi (Karin Gorniak) und Martin Brambach (Kommissariatsleiter Schnabel) entwickelt und mit einer komödiantischen Note gewürzt hat, ist nicht mehr dabei.

Nach gutem Start mäanderten die Dresdner zuletzt etwas ziellos zwischen Witzigkeit und Sozialkritik. Am Sonntag läuft die neue Folge „Déjà-vu“ (ARD, 20.15 Uhr). Dabei wird wieder einmal eine klassische Ermittlergeschichte geboten. Inszeniert hat sie ein Nachwuchsregisseur aus Bonn: Dustin Loose.

Wie einst Wolfgang Petersen

Mit gerade einmal 31 Jahren legt er seinen ersten Tatort vor. Gäbe es den Titel „Jüngster Tatort-Regisseur“, würde Loose mit einem gewissen Wolfgang Petersen auf dem Siegertreppchen stehen. Auch er drehte mit 30 seinen ersten Tatort. Der hieß „Blechschaden“ und legte 1971 den Grundstein für eine erfolgreiche Fernsehkarriere, die Petersen später über „Das Boot“ zu den Blockbustern nach Hollywood führte. Davon ist Dustin Loose noch ein gutes Stück entfernt. Er blickt zunächst gespannt auf den Sendetermin am Sonntag und auf die Resonanz.

Dabei kam es ihm entgegen, dass er nicht gleich in den Wettstreit der Sendeanstalten eintreten musste, die in jüngster Vergangenheit offenbar danach strebten, den witzigsten, schrägsten und experimentellsten Tatort auf Sendung zu schicken. „Déjà-vu“ ist voll und ganz Krimi, „aus der klassischen Tatort-DNA entwickelt“, wie Loose sagt. Und das heißt: Realismus, Polizeialltag, etwas Lokalkolorit. Es geht um Kindesmissbrauch, der mit der Tötung der Opfer endet. Das ist freilich ein Stoff, der in den Sonntagabendkrimis schon oft erzählt worden ist.

Der Täter ist früh bekannt

Doch die Thematik ist so erschütternd, so abgründig, so unfassbar, dass dieser Tatort einen nicht kalt lässt. Die Dresdner Ermittler finden an der Elbe die Leiche des achtjährigen Rico. Es drängen sich Parallelen zu einem früheren, ungeklärten Fall auf. Bei den Ermittlungen im sommerlich schwülen Dresden gerät die Polizei zwischen Volkszorn und Angehörigen der Opfer mächtig unter Druck.

Das Besondere an dieser Folge: Der Täter ist dem Zuschauer früh bekannt, man weiß mehr als die Ermittler. Diese offene Erzählweise ist anspruchsvoll, da immer wieder neue Raketen gezündet werden müssen, um die Spannung zu halten. Zugleich gibt diese Konstellation Raum, den Blick auf die Figuren und ihre Beweggründe zu lenken.

Polizeialltag in aufgeheizter Stimmung

Das kann schnell in den trüben Gewässern des Sozialdramas enden. Diese hat Loose jedoch souverän umschifft. Die Geschichte (Buch: Mark Monheim und Stephan Wagner) bot ihm die seltene Möglichkeit, das Umfeld des Triebtäters zu zeigen. Dessen Freundin leidet unter den Taten, verschleiert sie aber und legt falsche Fährten. Die Atmosphäre ist bis zum Ende aufgeheizt, der Film packend und schnörkellos inszeniert.

Auf Gags hat Loose verzichtet, hier und da aber eine kleine Dosis Situationskomik beigegeben. Da zeigt sich: Die Ermittlerfiguren in Dresden sind so markant, dass sie auch ohne gewollt komische Geschichten zur Geltung kommen. Allen voran Martin Brambach als cholerischer Vorgesetzter, der sein Handwerk noch bei der Deutschen Volkspolizei erlernt hat. Er bleibt dem Tatort ebenso wie Karin Hanczewski erhalten. Alwara Höfels wird nach der folgenden Episode „Wer jetzt allein ist“ durch Cornelia Gröschel abgelöst.

Tatort „Déjà-vu“, So 28. Januar, 20.15 Uhr, ARD

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