TV-Talk in der ARD Runde bei Maischberger diskutierte über den Brexit

Düsseldorf · Sandra Maischberger ließ am Mittwochabend in der ARD erneut über den Brexit diskutieren. Sie wollte wissen, ob eine bröckelnde EU dem Populismus Platz macht. Journalisten und Politiker stritten sich in nur mäßig sortierter Kampfstimmung.

Darum ging’s

“Populisten gegen Europa: Ist der Brexit erst der Anfang?” will Sandra Maischberger von ihren Gästen wissen. Die britische Premierministerin Theresa May wird bei den anderen 27 EU-Ländern einen Antrag auf eine Verschiebung des Ausstiegs stellen. Angesichts dieses Szenarios will die Moderatorin am Mittwochabend im ARD untersuchen, ob die Nationalisten in Europa im Aufwind sind.

Die Gäste

  • Martin Schulz, ehemaliger Parteivorsitzender der SPD
  • Wolf von Lojewski, Fernsehjournalist
  • Petra Steger, Nationalratsabgeordnete der FPÖ
  • Shona Fraser, Leiterin Redaktion Entertainment & Development RTL II
  • Roland Tichy, Journalist
  • Ralph Sina, ARD-Hörfunkkorrespondent Brüssel

Frontverlauf

Zum Auftakt der Sendung fragt sich Journalist Ralph Sina: „Steht Theresa May unter Valium? Was verleiht ihr diese fast Yoga-mäßige Gelassenheit?“ Er hat auch eine Antwort parat: May könne ja noch auf die Notbremse treten und den den Antrag zurückziehen. „Der Europäische Gerichtshof hat ihr gesagt, sie könne den kompletten Scheidungsantrag zurückziehen.“

Dem früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz tut die britische Premierministerin leid. Ihr Parlament handle „völlig verantwortungslos”, schimpft er, und jage die Regierung „von einer Katastrophe in die nächste”. Den Parlamentariern wirft er parteitaktisches Vorgehen vor, allein der Macht zuliebe hätten sie Interessenkartelle gegen May gebildet. Mit dem Austrittsvertrag sei die EU den Briten weit entgegengekommen. „Aber den Unterhauskartellen ist Europa egal”, wettert Schulz.

Shona Fraser, in Deutschland lebende Britin, bekennt, dass sie das Thema Brexit als Albtraum erlebt, nicht nur weil sie privat Probleme mit dem britischen Pass befürchtet: „Ein Beispiel für schwarzen britischen Humor, nur ohne Pointe.” Käme es zu einem neuen Referendum, spekuliert sie, würde die Mehrheit für einen Verbleib in der EU stimmen - ihre eigenwillige Begründung: Viele der älteren Leute, die fürs Verlassen gestimmt hätten, seien bis dahin schon „weggestorben”.

Darüber, welche Auswirkungen die Situation in Großbritannien nun auf andere Länder haben könnte spekuliert Journalist Roland Tichy: Vor allem seit 2015 wachse das Misstrauen in vielen Ländern gegenüber der EU. „Es ist ja nicht so, dass die EU alles richtig macht.” Ob sie deshalb auch raus dem Verbund wollen, weiß er nicht.

Großbritannien-Fan Wolf von Lojewski hofft, dass die EU-Länder May eine so lange Frist geben, dass die Briten am Ende doch in der Gemeinschaft bleiben. Die EU ist nach Ansicht des ehemaligen „Heute-Journal”-Moderators „nicht in bester Form” und „bräuchte mal wieder Glanzlichter und Persönlichkeiten”.

Petra Steger von Österreichs rechtspopulistischer FPÖ hält den Austritt für einen notwendigen Weckruf für die EU, glaubt aber nicht, dass er gehört worden ist. Sandra Maischberger will wissen, warum sie die EU nicht verlasse, wo sie, Salvini und Orban doch so viel an der EU auszusetzen hätten. Darauf antwortet Steger, sie wünsche sich halt nur ein anderes Europa: „Wir wollen ein Europa der starken, souveränen Nationalstaaten.” Kritiker wie sie als Populisten zu verteufeln, führe zu nichts. Dann wird sie persönlich, erinnert Schulz an dessen Wahlschlappen und sieht das Ende anderer Sozialdemokraten - „wie Emmanuel Macron“ - voraus. Maischberger erinnert sie zum Glück an dieser Stelle daran, dass der Franzose nicht wirklich Sozialdemokrat ist.

Schulz machen ihre Ausführungen wütend. Er gibt zu, dass er sich „stark beherrschen” muss und belehrt Zuschauer und Steger über Natur und Sinn der EU als Verbund souveräner Staaten. Die persönliche Kritik der FPÖ-Frau weist er zurück: Er selbst habe die Regierungschefs der 27 Länder immer wieder gemahnt, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Außerdem werde er sich nicht von ihr sagen lassen, dass er „rassistische Bemerkungen, Antisemitismus und unterdrückte Meinungsfreiheit” nicht kommentieren dürfe.

Richtig sauer wird Schulz, als ein Film mit dem Motto „Großbritannien geht - Albanien kommt” eingespielt wird: „Ich bin von den Socken über diese Darstellung”, schnaubt er und begründet: Albanien werde vielleicht in 20 oder 30 Jahren die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen EU-Beitritt erfüllen. Es gehe doch kaum darum, dass dieses kleine Land nun die zweitgrößte Wirtschaftsmacht im Bund ersetzen solle, wie die ARD es darstelle. Schulz schlägt vor, die kleineren Länder sollten sich angesichts der „G2 Großmächte” China und USA lieber daran erinnern, was sie ohne die Europäische Union in Wirklichkeit seien: Kleine Länder.

Dieser Text ist zuerst bei RP Online erschienen.

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