CD-Tipp: „Hà Nôi Duo“ Rock im Reisfeld
Bonn · Das CD-Projekt „Hà Nôi Duo“ des Jazzgitarristen Nguyên Lê ist ein Weltmusik-Experiment. Faszinierend, wie die Instrumente aus Ost und West das Spektrum öffnen.
Mit Knurrlauten, Gongs und schwer definierbaren asiatischen Instrumenten lässt der vietnamesischstämmige Jazzgitarrist Nguyên Lê aus Paris seine neue CD beginnen – mit dem atmosphärischen Stück „Cloud Chamber“. Paolo Fresu erdet das Stück mit klarem, schlankem Trompetenklang eindeutig westlich, während Nguyên Lê selbst mit aggressiven, wilden, rockigen Riffs diesen Trend teils bestätigt, teils zurückfällt in traditionelle asiatische Motive.
Für sein neues Projekt „Hà Nôi Duo“ hat sich der Gitarrist mit dem jungen Virtuosen für asiatische Saiteninstrumente Ngô Hong Quang zusammengetan, der auch als Sänger überzeugt, und den herausragenden italienischen Trompeter Fresu für vier Stücke dazugebeten. Damit nicht genug: Ein indischer Tablaspieler und eine japanische Koto-Virtuosin sind dabei – alles zusammen ein exotisches Tableau für Nguyên Lês Weltmusik-Experiment.
Faszinierend, wie die Instrumente aus Ost und West das Spektrum öffnen, fantastische Hörerlebnisse ermöglichen, die sich im Sphärischen bewegen und etwa im besten Stück, „The Graceful Seal“, keinem Kulturkreis mehr zuzuordnen sind: freischwebendes, rhythmisch fesselndes Agieren von E-Gitarre, Trompete und Stimme. Auch das akustische, mit mehreren Zupfinstrumenten gespielte „Heaven's Ground“ entführt den Zuhörer in ungeahnte Höhen – hier mit fernöstlichem Einschlag.
Über die Extraklasse von Nguyên Lê und Fresu muss man keine weiteren Worte verlieren. Die Entdeckung der CD ist Ngô Hong Quang, das junge Multitalent aus Hanoi, das in Amsterdam zeitgenössische Komposition studierte und weiter seine vietnamesische Tradition pflegt. Eine nicht einfache Mischung, bisweilen sperrig und nervig sowie mit Eindrücken mitunter überladen. Beim zweiten Hören wird's spannender.
Nguyên Lê & Ngô Hong Quang: „Hà Nôi Duo“. (Act music)
