Hetze gegen Staat und Politiker "Plump und hassschürend": Naidoo weiter in der Kritik

Bonn · Kaum ein deutscher Musiker erhitzt derzeit so sehr die Gemüter wie Xavier Naidoo. Mit seinem umstrittenen Song "Marionetten", den der 45-Jährige mit der Band "Söhne Mannheims" aufgenommen hat, erntet Naidoo aktuell massive Kritik.

Der Sänger greift in dem Lied den Vergleich von Politikern mit Volksverrätern auf, außerdem wird vom Sturm auf den Bundestag mit Mistgabeln fantasiert. An die Adresse von Politiker heißt es in dem Song: "Als Volks-in-die-Fresse-Vertreter stoßt Ihr an Eure Grenzen" und "Wenn ich so einen in die Finger krieg', dann reiß' ich ihn in Fetzen. Und da hilft auch kein Verstecken hinter Paragrafen und Gesetzen."

"Dieser Text hat mit einer sachlichen und begründeten Kritik an Politikern und deren parlamentarischer Arbeit überhaupt nichts zu tun", kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach in einem Interview mit der "Bild". Der Song sei vielmehr eine Steilvorlage für Demokratieverächter und Extremisten aller Art. "Und genau das dürfte auch die Absicht des Künstlers sein, denn mit Provokationen verschafft man sich hohe Aufmerksamkeit und nicht zuletzt fette Einnahmen“, so Bosbach.

"Wir werden auch solche Kunst ertragen"

Als "plump und hassschürend" bezeichnete JU-Chef Paul Ziemiak in einem Interview mit der HuffPost den Song. "Das ist bitter und traurig", so der Politiker. Ziemiak warb allerdings dafür, sich von dem Lied nicht provozieren zu lassen: "Anders als er Deutschland beschreibt, leben wir in einem freien Land." Und: "Wir werden auch solche Kunst ertragen."

Kritik kam auch vom Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour. Der nannte in einem Tweed bei Twitter zwar keinen Namen, bezog sich aber offensichtlich auf Naidoo, als er schrieb: "Und wenn ein Lied seine Lippen verlässt, dann nur damit er die Gesellschaft verpest."

Wegen des Streits um die heftige Politikerschelte will sich Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) auf ein klärendes Gespräch mit Naidoo und den Söhnen Mannheims treffen. Der Politiker habe die Einladung der Band zu einem Treffen „möglichst in den nächsten Tagen“ angenommen, sagte ein Sprecher der nordbadischen Stadt. Den genauen Termin wollten beide Seiten nicht mitteilen. Die Stadtführung um Kurz wirft der Band „anti-staatliche Aussagen“ vor und verlangt eine Erklärung. Hintergrund: Die Musiker und die Stadtverwaltung sind seit Jahren eng verzahnt. Aktuell arbeiten beide Seiten zum Beispiel bei Kulturprojekten zusammen. Weitere Initiativen sind etwa die bundesweit bekannte Popakademie in Mannheim sowie die künftige Nutzung ehemaliger US-Militärareale in der Stadt.

Auf gewohnte spitze Art hat sich auch Satiriker Jan Böhmermann mit Naidoos neusten Song befasst - und benennt die Band um den 45-Jährigen kurzerhand in "Hurensöhne Mannsheims" um.

Wehland: Song als "Appell zum Nachdenken"

Und wie sehen die Musiker der Söhne Mannheims die Kritik an ihrem Song? Sänger Henning Wehland hatte am Rande des Tourstarts der Band am Montag gesagt, er verstehe den Song als „Appell zum Nachdenken“. Man wolle "mit zugegeben überzeichneten Worten" aufrufen, "etwas dagegen zu tun".

In der Vergangenheit hatte es wiederholt Diskussionen um Interviews und Texte von Naidoo gegeben. Kritiker warfen ihm unter anderem Populismus vor. Vor drei Jahren war Naidoo - der seit rund 20 Jahren erfolgreich in Deutschland Musik macht, in Jurys von TV-Casting-Shows vertreten ist und vielen Zuschauern durch seine Vox-Sendung "Sing' mein Song" vertraut ist - bei einer "Reichsbürger"-Demo in Berlin aufgetreten und hatte damit massive Kritik geernet.

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