Yoko Ono gerührt Gestohlene Tagebücher von John Lennon in Berlin entdeckt

Berlin · John Lennon ist ein Mythos der Musikgeschichte. Seine Ermordung 1980 stürzte viele Fans in Trauer. Diebe wollten sich diese Verehrung zunutze machen. Überraschend stieß die Berliner Polizei nun auf ein Sammelsurium gestohlener Gegenstände im Millionenwert - inklusive Lennons typischer Brillen.

John Lennons letztes Tagebuch endet am 8. Dezember 1980. Der Eintrag von diesem Tag betrifft einen Termin mit der Starfotografin Annie Leibovitz. An dem Tag entsteht ein berühmtes Bild, auf dem der nackte Lennon liegend seine bekleidete Frau Yoko Ono umarmt.

Am Abend desselben Tages ist Lennon tot, erschossen vor seinem Wohnhaus. Nachlesen könnte man den Eintrag jetzt bei der Berliner Polizei, wo das Tagebuch seit dem Sommer liegt.

Es gehört zu einem großen Fund von Diebesgut, das Yoko Ono (84), der Witwe Lennons, gestohlen wurde - spätestens im Jahr 2006. Mehr als 100 Gegenstände tauchten nun in Berlin wieder auf. Einige besondere Stücke wurden am Dienstag stolz von der Polizei und der Staatsanwaltschaft präsentiert.

Darunter sind zwei weitere Tagebücher aus den Jahren 1975 und 1979. Außerdem zwei für Lennon so typische Nickelbrillen. Eine mit dem Rezept eines New Yorker Optikers vom 12. Mai 1978. Der Name des Empfängers ist auf dem braunen Zettel auch heute noch gut lesbar.

Gestohlen und wiedergefunden wurden auch ein Notenheft, unter anderem mit den Liedern "Woman" und "Just like starting over", das Original-Tonband einer Aufnahme eines Beatles-Konzerts vom 30. August 1965, Vertragsunterlagen, ein Musikpreis von 1980, ein Zigarettenetui mit zehn Zigaretten der Marke Gitane und ein Schulheft von der City of Liverpool aus dem Jahr 1952. Außerdem sind diverse Postkarten, Zettel, Notizen, Rechnungen und Alltagsgegenstände dabei.

Im Juli hatte der Insolvenzverwalter eines Auktionshauses die Polizei über 86 Gegenstände informiert, die sich in den Räumlichkeiten befanden und John Lennon zugeordnet wurden. Die Kripo ermittelte, informierte die Staatsanwaltschaft und befragte Zeugen. Zuerst habe man sicher gehen wollen, dass die Gegenstände echt seien, sagte der Vize-Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael von Hagen. Sogar die auf dem Rezept angegebene Stärke der Brillengläser sei mit Lennons Werten verglichen worden. "Und wir mussten wissen: Sind es möglicherweise Dinge, die von der Witwe verschenkt wurden."

Die Ermittler nahmen also Kontakt zum Anwalt von Yoko Ono auf und flogen im Herbst mit einigen Gegenständen und vielen Fotos nach New York. Im deutschen Generalkonsulat trafen sie Ono. Die Staatsanwältin Susann Wettley sagte: "Sie war sehr gerührt und man hat deutlich gemerkt, dass sie an diesen Gegenstände hängt und sie natürlich auch gerne zurückhaben will."

In Berlin konzentrierten sich Experten der LKA-Abteilung 444, dem Kommissariat für gestohlene Kunst, auf Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Hehler, von dem die Gegenstände Anfang 2014 an das Auktionshaus gingen.

Am Montagmorgen durchsuchten die Ermittler dann ein Haus, ein Geschäft und eine Pizzeria des Verdächtigen. Zu ihrer großen Überraschung fanden sie im Reserverad-Kasten eines Autos des Verdächtigen eine Mappe mit weiteren Materialien von Lennon. Der mutmaßliche Hehler, ein 58-jähriger Deutscher türkischer Herkunft, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Der mutmaßliche Dieb ist ein Türke, der von 1995 bis 2006 als Chauffeur für Yoko Ono in New York arbeitete und nun in der Türkei lebt. Er wurde 2007 in New York zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er heimlich Fotos in Onos Wohnung im Dakota Building gemacht hatte.

Die Berliner Ermittler vermuten, dass er nach und nach Gegenstände aus dem großen Apartment stahl. Die Diebstähle fielen wohl gar nicht sofort auf. Lennon besaß nach Aussagen der Staatsanwälte unter anderem auch viele Brillen und eine ganze Uhrensammlung, die noch in den Räumen lagen, in dem viel Personal von Yoko Ono verkehrte.

Die Gegenstände gelangten in den nächsten Jahren zunächst in die Türkei und 2013 oder 2014 nach Berlin. Der Verkauf klappte aber in den folgenden Jahren nicht. Laut einem Gutachten des Auktionshauses soll der Wert 3,1 Millionen Euro betragen. Wie viel Geld tatsächlich bei einem illegalen Verkauf fließen würde, ist nach Einschätzung der Staatsanwälte und der Polizei aber unklar.

Schon Ende 2013 soll einer der beiden Verdächtigen eine gestohlene Uhr von Lennon über das Auktionshaus für 600 000 Euro verkauft haben, wie Carsten Pfohl vom Landeskriminalamt sagte. Die Uhr mit einer persönlichen Widmung hatte Ono ihrem Mann zu seinem letzten Geburtstag zwei Monate vor seinem Tod geschenkt. Ob der Käufer die Uhr wieder herausgeben muss, wird noch geklärt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Salman Rushdies Antwort auf den Hass
„Knife“: Das Buch über die Messerattacke Salman Rushdies Antwort auf den Hass
Zum Thema
Aus dem Ressort